Im Mittelpunkt des Tags des offenen Denkmals am 8. September stehen in Esslingen dieses Mal moderne Bauwerke.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Ich halte es für einen großen Fehler, Esslingen immer als reine Mittelalterstadt zu charakterisieren“, sagt Esslingens oberster Denkmalschützer Andreas Panter. Deshalb kann er auch sehr gut mit dem diesjährigen Motto des bundesweiten Tags des offenen Denkmals leben, der am Sonntag, 8. September, stattfinden wird. „Modern(e): Umbrüche in Kunst und Architektur“, so lautet die Vorgabe, die Panter und seine rund 200 meist ehrenamtlichen Mitstreiter einen Tag lang in Esslingen mit Leben füllen wollen.

 

Das Thema reizt Andreas Panter auch deshalb besonders, weil bei den jüngeren Denkmälern auch persönliche Erinnerungen eine wichtige Rolle spielen. Das gilt in besonderem Maß natürlich für jenes Gebäude, das als bisher letztes in Esslingen in die Liste der Denkmale aufgenommen worden ist: die Schelztorsporthalle. Generationen von Esslinger Schülern und Sportlern sind in der innerstädtischen Halle ihrer schweißtreibenden Tätigkeit nachgegangen. „Für viele Esslinger ist die Schelztorsporthalle ein positiv besetzter Teil ihrer eigenen Lebensgeschichte. Die Weite, Leichtigkeit und Lichtfülle der vom Industriebau auf die Sportstätte übertragenen Konstruktion steht bis heute für den Aufbruch im Baugeschehen während der Nachkriegszeit in Esslingen“, erklärte der Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht bei der Vorstellung des Programms.

Auch ein Gymnasium und zwei Kirchen stehen im Fokus

Rund ein Dutzend moderner Baudenkmale gibt es in Esslingen. Vier davon werden beim Tag des offenen Denkmals eine zentrale Rolle spielen. Neben der Schelztorsporthalle, durch die am 8. September stündlich von 13 bis 17 Uhr Führungen stattfinden werden, sind auch Führungen durch das Theodor-Heuss-Gymnasium (THG) und die beiden Kirchen St. Augustinus und die Christuskirche geplant.

Während im THG der auf den ersten Blick abweisende Rohbeton, der sogenannte Béton Brut, eine zentrale Rolle spielt, erzählen die denkmalgeschützten Kirchenbauten der Nachkriegszeit viel von den Menschen, die im Südwesten eine Heimat fanden und sich mit neuen Kirchen einen Zufluchtsort schufen. Diese Kirchen stehen deshalb im Spannungsfeld zwischen Kargheit und Fülle und stehen für die teilweise dramatischen Umbrüche in den 1950er und 1960er Jahren.

Die evangelische und die katholische Kirche nutzen den Tag, um in vielen Themenführungen das Spektrum der Entwicklung von den mittelalterlichen Kirchenbauten bis zu den modernen Bauwerken zu zeigen, von denen manche zwar keine Kulturdenkmale, aber doch ausdrucksstarke Zeugnisse ihrer Zeit sind.

Privatleute öffnen ihre Denkmäler

Neben diesem Themenschwerpunkt finden sich bei den insgesamt 53 Programmpunkten auch wieder zahlreiche Klassiker: Die Besucher können das Lapidarium ebenso besuchen wie das Schulmuseum in Sulzgries, den Bebenhäuser Pfleghof oder den jüdischen Friedhof in der Beutau. Auch einige Privatleute öffnen ihre Denkmäler und gewähren Einblicke in ihre heutige Wohnsituation im historischen Gemäuer.

Von Kindern für Kinder gibt es zwei Führungen. Dabei können sie um 11.15 und 13 Uhr das Dick-Areal als Industrieareal und Lebensform kennenlernen. Versprochen wird eine „spannende Zeitreise durch Gebäude, Schrebergärten, das Waldheim Heslach, die Gartenstadt Esslingen und die Weltausstellung in Paris“.

Zum Tag des offenen Denkmals ist ein Flyer erschienen, der unter anderem im Bürgerbüro ausliegt. Weitere Infos gibt’s auch unter www.esslingen.de.

Rundgänge zum Tag des offenen Denkmals

Umbrüche
Bei einem Stadtrundgang stellen der ehemalige Esslinger Stadtarchivar Peter Hövelborn und die Kunsthistorikerin Andrea Urbansky das wechselvolle Auf und Ab zweier Stadteingänge zur Esslinger Altstadt – die historische Pliensaustraße und die jüngere Bahnhofstraße – gegenüber. Treffpunkt ist um 11.15, 13 und 15 Uhr auf dem Marktplatz.

Steine
Der Architekt und Bauhistoriker Peter Dietl erläutert bei zwei jeweils 90-minütigen Führungen um 12 und 15 Uhr – Treffpunkt: Marktplatz – warum auch unscheinbare Bausteine in einer historischen Stadt wichtig sein können. Er nimmt die Teilnehmer mit in die Pliensau und lädt zu einer Entdeckungsreise zu versteckten Spuren eines historischen Stücks Stadt.

Stadtdenkmal
Die Stadt Esslingen definiert sich auch über die Vielzahl ihrer Baudenkmale, der erhaltenswerten Gebäude, ihrer Straßen und Plätze aus verschiedenen Zeitepochen. Die freie Architektin und Stadtplanerin Christine Keinath versucht um 11.15 Uhr und um 15 Uhr – Treffpunkt Marktplatz –, die Zusammenhänge zwischen Erscheinungsbild und Substanz aufzuzeigen und auch neue Denkmale einzuordnen.

Villen
Wolfgang Schlotterbeck führt um 11.30 und 15 Uhr – Treffpunkt Ecke Mülberger- und Grabbrunnenstraße – zu den Esslinger Villenbauten des frühen 20. Jahrhunderts zwischen dem Ende der Ebershaldenstraße und der Querung der Katharinenstaffel bis zum im Jahr 1904 eingeweihten Lenaudenkmal.