Der türkische Thriller "Tal der Wölfe - Palästina" ist in den deutschen Kinos trotz antisemitischer Züge gestartet.

Stuttgart - Mit dem Mut der Verzweiflung und Holzprügeln als Waffen rennen die Passagiere los, um sich zu verteidigen. Wir sehen ihren heroischen Ansturm und dann ihre gleich losballernden Feinde: eine israelische Kommandoeinheit, die Köpfe von Helmen und Gasmasken zu einschüchternd harten, mimiklosen Rammen aufgerüstet. Der türkische Actionfilm "Tal der Wölfe - Palästina", der am Wochenende mit 79 Kopien in deutschen Kinos gestartet ist und hierzulande schon von 70.000 Menschen gesehen wurde, verzerrt die Ereignisse vom 31. Mai 2010, als das israelische Militär die Gaza-Hilfsflotte am Blockadebruch hinderte. Drehbuch und Inszenierung zeigen uns eine skrupellos brutale israeelische Mordbande. Deren Treiben aber ruft den türkischen Superagenten Polat Alemdar und sein Team auf den Plan, die nach Palästina reisen, um den verantwortlichen israelischen General zu töten.

"Tal der Wölfe - Irak", der erste Kinoableger einer TV-Serie, der im Februar 2006 in deutsche Kinos kam, war ähnlich konstruiert: die türkische Killertruppe nahm Rache an Amerikanern. Damals aber konnte man, mit Blick auf Hollywoods Feindbilder, das Ganze noch als Spiel der Übertreibungen sehen, als Antwortgetobe in der globalen Amüsierbude der Gewaltfantasien. Mittlerweile aber ist klar, dass die Macher von "Tal der Wölfe" ihre Werke keineswegs eskapistisch meinen. In Interviews behaupten sie, ungeschminkt die Realität in Palästina zu offenbaren.

FSK hat Freigabe zunächst verweigert


Die Freiwillige Kontrolle der Filmwirtschaft (FSK) hatte ihrem neuen Film in erster Instanz denn auch die Kinofreigabe verweigert. In zweiter Instanz aber hat die FSK nach Protest des Kölner Verleihs Pera-Film "Tal der Wölfe - Palästina" ab achtzehn Jahren freigegeben. Der Film sei von ständiger Gewalt durchzogen, heißt es, enthalte propagandistische Tendenzen und erfordere vom Zuschauer "detailliertes Vorwissen und die Fähigkeit, die politischen Zusammenhänge einzuschätzen". Was wie ein Bündel Vorwürfe klingt, ist in Wirklichkeit eine Inschutznahme. Weil die FSK eine Freigabe erteilt hat, so die Gesetzeslage, kann die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien nun keine Indizierung mehr verhängen. Nur ein ordentliches Gericht kann noch gegen den Film entscheiden.

Zensurmaßnahmen laden das Verbotene stets mit zusätzlicher Attraktivität auf und können zudem als Zeichen von Angst und Argumentationsunfähigkeit gedeutet werden. In einer ganz und gar freien Medienwelt könnte man also diskutieren, ob man "Tal der Wölfe - Palästina" nicht einfach aushalten muss. In Deutschland aber sind gerade antisemitische Filme, vor allem die Werke aus dem Dritten Reich, noch immer Verschlusssache ("Jud Süß"). Eine Gesellschaft, die solche Filme wegschließt, erteilt den Filmen, die sie zulässt, also mit besonderem Nachdruck die Bescheinigung, nicht antisemitisch zu sein. Das ist im Fall von "Tal der Wölfe - Palästina" ein skandalös falscher Freibrief.