Die Gesundheitsminister empfehlen an der Stiko vorbei die Impfung von Jugendlichen. Hört die Politik jetzt auf die Wissenschaftler, die ihr genehm sind, fragt Markus Lanz.

Hamburg - Sucht sich die Politik jetzt die Wissenschaftler, die ihr ins Konzept passen? Die Impfempfehlung für Jugendliche und eine Impfpflicht waren am Donnerstag Thema in der letzten Sendung „Markus Lanz“ vor der zweiwöchigen Sommerpause.

 

Das Impfangebot für Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren hält der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach für die beste Nachricht der Woche. Für Christiane Woopen, die Vorsitzende des europäischen Ethikrates, ist die Nachricht entweder banal, weil es das Angebot schon länger gebe, oder sie bedeutet eine Impfempfehlung, „dann ist es ein Reingrätschen in die Stiko“. Dass die Politik plötzlich bessere Erkenntnisse habe, als die Stiko, ist ihr unerklärlich.

Lauterbach: Politik ist fremdgegangen

Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat in der Debatte gelitten, sie hat die Impfung für Kinder und Jugendliche noch nicht empfohlen, auch eine dritte Impfung nicht. Die Politik hat in beiden Fällen nicht auf die Empfehlung gewartet. Sie sei diesmal „fremdgegangen“ und habe auf andere Wissenschaftler gehört, sagt Lauterbach.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Spahn verteidigt Impfung für Jugendliche

Macht die Stiko schlechte Arbeit? Lauterbach verweist auf „einige schwierige Empfehlungen in der Vergangenheit“, wie etwa Astrazeneca für Jüngere. Jetzt warte die Stiko auf einen großen Datensatz aus den USA zur Impfung Jugendlicher. Nur wisse halt niemand wann der komme.

Ist die Stiko überflüssig?

Soll man die Stiko gleich abschaffen? Kommunikativ sei das für die Stiko schlecht gelaufen, räumt Lauterbach ein. Doch das Aus bedeutet das nicht für die Kommission: „Ich bin sicher, die Stiko wird wieder zu voller Blüte kommen“.

Überhaupt die politische Kommunikation in der Pandemie. Lukas Rietzschel, Schriftsteller aus Görlitz, ist ziemlich enttäuscht davon. Es gab Phasen, da wollte der 27-Jährige, der sich als politisch interessiert und informiert bezeichnet, davon gar nichts mehr hören.

Er fragt sich, ob die Debatte um Einschränkungen nur für Ungeimpfte ein Testballon für die Einführung einer Impfpflicht durch die Hintertür ist? Woopen findet das schwierig, „das wirkt, als nähme man die Leute nicht ernst“. Unterschiede zwischen Geimpften und Nichtgeimpften zu machen, bezeichnet die Medizinethikerin als unnötige Diskriminierungen. Lauterbach dagegen warnt, „die Inzidenz wird bei Ungeimpften spektakulär hoch werden“, natürlich müsse man Unterschiede machen.

Ostbeauftragter hält am Thema Impfpflicht fest

Mit einem besonderen Blick schaut Marco Wanderwitz, der Ostbeauftragte der Bundesregierung, auf die Impfbereitschaft. Er fand es falsch, die Impfpflicht abzulehnen. Sollte die Herdenimmunität nicht erreicht werden, „werden wir die Debatte führen müssen“. Er verweist auf ein Ost-West-Gefälle beim Impfen. Mit Ausnahme von Mecklenburg-Vorpommern würden die östlichen Bundesländer auf den letzten Plätzen beim Impfen rangieren.