Benzin ist auch in Stuttgart zum Teil deutlich günstiger geworden. Der große Andrang ist an den Tankstellen trotzdem ausgeblieben. Home-Office, Ferienzeit und der Umstieg aufs Fahrrad scheinen Wirkung zu zeigen.

Talstraße, Stuttgart-Ost, Mittwochvormittag. Es ist vergleichsweise wenig Verkehr auf der Staustrecke mit der schlechten Luft. Die Autofahrerinnen und Autofahrer scheinen sich wenig für die Benzinpreise an der Shell-Tankstelle zu interessieren, nur vereinzelt biegt zu der Zeit ein Fahrzeug zu den Zapfsäulen ab. Spannender sind für die Verkehrsteilnehmer die Frau und der Mann im Freizeitlook auf dem Fußgängersteg auf Höhe Klingenstraße. Die beobachten den stadtauswärtigen Verkehr genau, der Mann hebt regelmäßig ein Funkgerät an den Mund und gibt Kennzeichen durch: Polizeikontrolle in Richtung Gaskessel,

 

Die Fahrer von spritschluckenden Verbrennerautos – und das sind auch in Stuttgart nach wie vor die meisten – hätten eigentlich allen Grund, sich an diesem 1. Juni die Diesel- und Benzinpreise genauer anzuschauen. Dort an der Talstraße sind sie von einem Tag auf den anderen deutlich gefallen, für Diesel zum Beispiel um 26 Cent, für Super sogar um stolze 41 Cent. Der Tankrabatt ist also zumindest an dieser Tankstelle pünktlich an die Autofahrer weitergegeben worden, in dem Fall sogar ein bisschen mehr als beispielsweise vom ADAC erwartet. Dabei muss man allerdings bedenken, dass die Spritpreise in den vergangenen Tagen noch einmal stark angezogen hatten und zum Teil deutlich über 2,20 Euro pro Liter lagen.

Tankstellenpächter dürfen nichts sagen

Wie denn das Geschäft in den vergangenen Tagen war? Und ob es an diesem Morgen einen spürbaren Andrang gegeben habe? Der Filialleiter einer anderen Stuttgarter Tankstelle ist am Telefon ausgesprochen freundlich und man merkt, dass er sehr gerne Antworten geben und von seinen Gesprächen mit Kunden erzählen würde. Aber er darf nicht. Aus der Deutschland-Zentrale eines der weltweit größten Mineralöl- und Erdgaskonzerne sei eine E-Mail an alle zur Gruppe gehörenden Tankstellen-Pächter gegangen: Sie dürften den Medien keine Auskunft geben, sondern sollten an die Zentrale in Hamburg verweisen. Der Stuttgarter Filialleiter: „Es tut mir wirklich leid.“ Ähnlich geht es übrigens dem FDP-Landtagsabgeordneten Friedrich Haag, der zwei Tankstellen in Stuttgart-Wangen und in Weilimdorf betreibt. Auch er würde gerne Auskunft geben - muss aber ebenfalls an die Zentrale der Unternehmensgruppe in Bayern, zu der seine Betriebe gehören, verweisen.

Timo Abraham von der kleinen 24-Stunden-Automaten-Tankstelle an der Klingenstraße ist da schon auskunftsfreudiger. Das liegt aber vor allem daran, dass er vor allem der Inhaber der dortigen beliebten Autowerkstatt ist und die per Bezahlautomat betriebenen Zapfsäulen sozusagen nur nebenher „als Hausmeister“ betreut. Wenn ein Kunde einmal mit dem Automaten nicht klar kommt, hilft er gerne, ansonsten „hab ich damit nichts zu tun“. Die Anlage wird vom Benzinlieferanten ferngesteuert, bei der Festlegung der Preise ist er außen vor, auch die werden woanders bestimmt und dann per Netzwerk auf die Anzeigetafeln geschickt. Den großen Andrang wegen der deutlich reduzierten Benzinpreise hat es auch bei Timo Abraham nicht gegeben. „Es haben heute vielleicht ein paar mehr getankt“, sagt er. Aber insgesamt sei es eher ruhiger, weil immer noch viele Stuttgarter im Home-Office arbeiten, weil manche doch öfter Rad fahren oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder weil – so sein Eindruck – für einige schon die Urlaubszeit begonnen hat.

Aber natürlich freuen sich die Tankstellenkunden über die niedrigeren Preise. Ein Selbstständiger aus Kirchheim/Teck, der in Stuttgart eine Agentur betreibt, erzählt lachend, dass er schon früh am Morgen tanken war. „30 Cent weniger für den Liter spürt man schon“, sagt er. Wobei er aber nicht extra mit dem Tanken bis heute gewartet habe, sondern vor einer längeren Fahrt einfach auffüllen musste, damit er unterwegs keinen Tankstopp an der Autobahn einlegen muss – dort ist der Sprit trotz Tankrabatt auch weiter teuer.