Von Gründonnerstag bis Karsamstag gilt ein Tanzverbot. Gefeiert wird trotzdem. Einige Stuttgarter Clubbesitzer öffneten die Türen – andere sehen das kritisch.

Stuttgart - Hip-Hop oder House? Salsa oder Reggae? Oder vielleicht doch lieber Musik aus den 90er Jahren? Wer in der Nacht zu Samstag die Hüften schwingen wollte, hatte in zahlreichen Stuttgarter Clubs und Discotheken reichlich Gelegenheit zum Feiern – und konnte darüber leicht vergessen, dass kein Freitag wie jeder andere war. An Karfreitag gilt in Deutschland ein Tanzverbot – zumindest auf dem Papier.

 

„Die Rechtslage ist eindeutig“, sagt Timo Luppold von der Gaststättenbehörde. „Das Feiertagsgesetz verbietet an Karfreitag alle öffentlichen Veranstaltungen, die über den Schank- und Speisebetrieb hinausgehen.“ Und nicht nur das. Was die meisten nicht wissen: „Auch an Gründonnerstag und Karsamstag sind öffentliche Tanzunterhaltungen nicht erlaubt.“ Bis zu 1500 Euro Geldbuße kann das Amt für öffentliche Ordnung für Gastwirte und Clubbetreiber verhängen, die gegen das Gesetz verstoßen.

Erwischt wird kaum jemand

Die Chancen, nicht erwischt zu werden, stehen allerdings gut: Weil dem Ordnungsamt das Personal für eine Schwerpunktaktion fehlt, kann nur stichprobenartig kontrolliert werden. Aktiv werden Polizei und Ordnungsamt außerdem, wenn konkrete Beschwerden von Nachbarn eingehen. Im vergangenen Jahr habe es allerdings kaum Klagen gegeben: „Wir haben keine Geldstrafe verhängt“, sagt Luppold. Eine verlässliche Aussage, ob und wie oft das Tanzverbot in Stuttgart tatsächlich nicht eingehalten werde, könne er deshalb nicht machen. „Mein persönlicher Eindruck ist allerdings, dass der Umgang mit dem Feiertagsgesetz lockerer geworden ist.“

Weil dem Ordnungsamt das Personal für groß angelegte Kontrollen fehle, setze man auf Prävention: „Einige anonyme Hinweise auf geplante Veranstaltungen am Karfreitag sind im Vorfeld bei uns eingegangen“, berichtet Luppold. An diese Wirte habe das Amt für öffentliche Ordnung in persönlichen Gesprächen appelliert, das Tanzverbot zu halten.

Büffet bis Mitternacht

Was nun aber genau unter der Einhaltung des Feiertagsgesetzes zu verstehen ist, das scheinen die Gastronomen recht unterschiedlich auszulegen: „Wir halten uns an das Gesetz, bei uns darf erst nach Mitternacht getanzt werden“, sagt eine Mitarbeiterin der Discothek Perkins Park auf dem Killesberg. Bis 24 Uhr gebe es für die Gäste des „Älternabend“ ein Büfett, auf der Tanzfläche stünden so lange Tische und Stühle.

Ben Rossaro ist einer von drei Geschäftsführern des Aer Clubs in der Büchsenstraße und möchte solche Grauzonen nicht ausreizen. „An Karfreitag ist das Tanzen verboten, und deshalb bleibt unser Club geschlossen.“ Das sei rechtzeitig angekündigt worden und habe bei den Gästen Verständnis gefunden. Die Umsatzeinbußen nimmt Rossaro um des guten Rufs des Clubs willen in Kauf: „Wir wollen langfristig erfolgreich in Stuttgart arbeiten und unser gutes Verhältnis zur Stadtverwaltung nicht aufs Spiel setzen.“ Trickserei sei dafür keine Basis. Es sei aber auch kein Geheimnis, dass mancher seiner Konkurrenten die Geldstrafe bewusst in Kauf nehme.