Die Arbeitgeber und die IG Metall äußern sich zufrieden über das Pilotabkommen für die Metallindustrie – aus ganz unterschiedlichen Gründen.
Sindelfingen - Es ist schwierig, Schwaben zufriedenzustellen – aber für meine Verhältnisse bin ich sehr zufrieden“, sagt IG-Metall-Chef Berthold Huber, als der Tarifstreit ausgestanden ist. 17 Stunden Verhandlungen am Stück lagen hinter ihm und den anderen Unterhändlern – zudem die zweite lange Nacht binnen vier Tagen. Gegen halb fünf am Samstagmorgen waren die vier Hauptdarsteller, Berthold Huber und Jörg Hofmann für die Gewerkschaft sowie Martin Kannegiesser und Rainer Dulger auf Arbeitgeberseite, in der Sindelfinger Stadthalle vor die Kameras getreten – ohne eine freudige Regung und sehr erschöpft.
Hubers Pendant, Gesamtmetall-Präsident Kannegiesser, bewertet den Abschluss grundsätzlich. „Die Tarifautonomie trägt nicht nur in Krisenzeiten, sondern auch in Phasen, die nicht ganz sicher sind“, sagt er. Während die Politik von Tagesstimmungen bestimmt werde, „bilden wir eine Konstante, um für unseren Standort Zusammenarbeit zu regeln“. Der Umgang während des Konflikts sei in den Regionen und auf Bundesebene sachlich und offen gewesen. „Wir haben einander zugehört – das ist keine Selbstverständlichkeit mehr“, betont er.
Mehr Rechte für die Betriebsräte
„Tarifverhandlungen sind kein Wunschkonzert“, sagt Huber dann. „Wir konnten nicht alle unsere Forderungen erreichen.“ Als Beispiel führt er die Übernahme von Absolventen eines dualen Studiums an. 30 000 junge Menschen im Südwesten kombinieren Universität und Betriebsausbildung – 12 000 von ihnen gehören zur Metallindustrie. Die IG Metall betrachtet sie als einen Teil der Belegschaft, aber die Arbeitgeber verweigerten deren generell unbefristete Übernahme, weil die Gewerkschaft für diese Gruppe nach Meinung der Arbeitgeber nicht zuständig sei.
Insgesamt trage das Ergebnis aber dazu bei, die Spaltung in den Betrieben und auf dem Arbeitsmarkt ein Stück zu verringern, urteilt Huber. Der Tarifabschluss schließe an die qualitativen Vereinbarungen der Vergangenheit an. Die Betriebsräte hätten in den Bereichen Zeitarbeit und Ausbildung „mehr Rechte und damit mehr Handlungsmöglichkeiten erhalten“. Bei der Leiharbeit „haben wir erste Schritte gemacht, aber wir sind damit nicht zufriedengestellt“, sagt Huber. Die Prekarisierung, eine große Herausforderung der Arbeitsgesellschaft im 21. Jahrhundert, akzeptiere die IG Metall nicht. „So wird der zweite und dritte Schritt folgen.“ Als Nächstes werde man sich den Werkverträgen widmen, mit denen die Leiharbeit umgangen werde. Sein Bezirksleiter Jörg Hofmann freut sich, dass „bei der Leiharbeit nun festgeschrieben und mit Kriterien hinterlegt ist, wie Betriebsräte Mitbestimmungsrechte wirksam ausüben können“. Nach 24 Monaten muss der Leiharbeiter übernommen werden, wenn keine Sachgründe vorliegen.