Die Lokführergewerkschaft GDL hat ihren nächsten Ausstand im Personenverkehr gestartet. Die Bahn lässt etwas mehr Züge im Fernverkehr fahren als beim ersten Streik Mitte August. Dennoch sind die Auswirkungen gravierend.

Stuttgart - Der Streik der Lokführergewerkschaft GDL hat zum zweiten Mal in diesem Monat Berufspendler und Ferienreisende getroffen. Seit Montagmorgen lagen große Teile des Nah- und Fernverkehrs lahm. Der Deutschen Bahn zufolge sollten aber etwas mehr Züge gerade im Fernverkehr als beim ersten Streik Mitte August fahren, als etwa ein Viertel des normalen Verkehrs rollte. Man habe das bundesweite Angebot auf 30 Prozent erhöht, teilte die Bahn mit.

 

Zudem führen 200 Busse, beispielsweise zwischen Berlin und Dresden. Bei Regionalzügen und S-Bahnen wolle man etwa 40 Prozent des Angebots aufrecht erhalten. Der Not-Fahrplan sei stabil. Dennoch sollten alle nicht unbedingt nötigen Reisen verschoben werden, riet die Bahn. Tickets des Fernverkehrs könnten bis 4. September genutzt werden. Fahrkarten würden auch erstattet.

Auswirkungen im Güterverkehr zunächst gering

Der Arbeitskampf soll am Mittwochmorgen um 2 Uhr enden. Die Bahn geht davon aus, dass sich der Verkehr im Laufe des Mittwochs wieder normalisieren wird. Im Güterverkehr, wo bereits seit Samstag gestreikt wird, waren die Auswirkungen laut Bahn wegen des vergleichsweise geringen Verkehrs am Wochenende zunächst gering. „Wir rechnen damit, dass es im späteren Tagesverlauf zu Beeinträchtigungen und Verspätungen unserer Cargozüge kommen kann“, sagte ein DB-Cargo-Sprecher. System- und versorgungsrelevante Züge hätten weiter Priorität und gelangten bisher – auch mit Hilfe von Partnerbahnen – an ihr Ziel.

Die Bahn hatte am Wochenende Verhandlungen über eine Corona-Prämie in Aussicht gestellt und zugleich ein Aussetzen des Streiks verlangt. Die GDL besteht auf einem konkreten, bezifferten Angebot der Bahn: „Wenn sie nichts tut, werden wir die nächste Arbeitskampfmaßnahme ansagen, und die wird, denke ich, länger sein“, sagte GDL-Chef Claus Weselsky zu Reuters TV. Nach dem Verhalten des Managements sei die Wahrscheinlichkeit für ein Angebot zwar nicht hoch, aber man solle niemals nie sagen. „Am Ende ist Hoffnung da, dass Besinnung einkehrt und dass schlussendlich das nicht auf dem Rücken der Reisenden ausgetragen wird, sondern am Verhandlungstisch eine Lösung herbeigeführt werden kann.“

„Der GDL geht es um einen politischen Kampf“

Die Bahn verwies auf ihre Bereitschaft zu verhandeln. „Dieser zweite Streik der GDL ist noch überflüssiger als der erste“, rügte Bahnsprecher Achim Stauß. „Das zeigt, der GDL geht es um einen politischen Kampf und nicht um eine Lösung am Verhandlungstisch.“ Dies sei verantwortungslos. Die GDL verlangt eine Corona-Prämie von 600 Euro. Die von der Gewerkschaft geforderten 3,2 Prozent Lohnerhöhung wie im öffentlichen Dienst will die Bahn nicht sofort, sondern in zwei Schritten zahlen: 1,5 Prozent zum 1. Januar 2022 und 1,7 Prozent zum 1. März 2023, bei einer Laufzeit bis Ende Juni 2024.

Mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hatte der angeschlagene Konzern bereits im vergangenen Jahr einen Sanierungstarifvertrag geschlossen, den die GDL als völlig unzureichend ablehnt. Zusätzlich kompliziert wird die Tarifrunde dadurch, dass EVG und die GDL beide den Anspruch erheben, für fast alle der 185 000 Beschäftigten in Deutschland beim Schienenpersonal zu verhandeln. Die Bahn sieht sich aber gezwungen, das Tarifeinheitsgesetz anzuwenden: Danach gilt ein Tarifvertrag nur dort, wo die jeweilige Gewerkschaft die Mehrheit hat. Laut Bahn hat die GDL in 16 der rund 300 Einzelbetriebe des Konzerns die Mehrheit. Die GDL bestreitet das und klagt vor Gericht.

Weselsky hat weitere Berufsgruppen im Visier

Die Lokführergewerkschaft will daher Rahmentarifverträge für weitere Berufsgruppen abschließen. 2014/2015 war es ihr nach Streiks gelungen, auch für Zugbegleiter einen Abschluss auszuhandeln. Nun will sie auch die Fahrzeuginstandhaltung, den Netzbetrieb und die Fahrweginstandhaltung sowie die Rahmenbedingungen für die Auszubildenden tarifieren. Die Bahn lehnt das ab. Sie geht davon aus, dass die GDL in den Infrastrukturbetrieben kaum Mitglieder hat.

Der Fahrgastverband Pro Bahn fordert eine Änderung des Tarifeinheitsgesetzes. „Es wäre gut, wenn jetzt beide Seiten an den Verhandlungstisch zurückkehren. Mit Streik und Pressekonferenzen löst man keinen Konflikt“, sagte Pro-Bahn-Sprecher Karl-Peter Naumann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die nächste Bundesregierung müsse ein komplett neues Tarifeinheitsgesetz ausarbeiten. „Das bisherige Gesetz kann man in die Tonne treten. Es löst das Problem der konkurrierenden Gewerkschaften nicht“, sagte Naumann. Der Pro-Bahn-Chef schlug vor, durch Wahlen von Gremien, die dann Tarife verhandeln, die verschiedenen Gewerkschaften jeweils einzubinden.