2015 haben die Gewerkschaften wieder gute Lohnzuwächse erzielt. Vor allem die IG Metall hat damit das Wirtschaftswachstum gefördert, wie die Bundesbank anerkennt. Es ist fraglich, ob der offensive Tarifkurs 2016 anhalten kann, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Es ist schon eineinhalb Jahre her, als die Bundesbank – nicht gerade ein gewerkschaftsnahes Institut – den Tarifparteien geraten hatte, ihren sogenannten verteilungsneutralen Spielraum voll auszuschöpfen und Lohnzuwächse von um die drei Prozent anzustreben. Die Tarifparteien haben ihr sozusagen den Gefallen getan. Zum Ende 2015 kann Bundesbank-Präsident Jens Weidmann die kräftigen Zuwächse der verfügbaren Einkommen als Konjunkturstütze feiern: Die Wirtschaft folge einem von der Binnennachfrage getragenen Wachstumspfad. Diese Logik war vor einigen Jahren noch ziemlich verpönt.

 

Speziell die Metallarbeitgeber haben sich seinerzeit über Weidmann aufgeregt, denn sie stehen vor dem Problem, dass ihr Pendant – die IG Metall – sehr oft fast das Maximum des für die Unternehmen Erträglichen herausholt. Dieser offensive Kurs (nun mit dem Rückenwind der Bundesbank) führte zu einer beachtlichen Lohnsteigerung von fast 20 Prozent in nicht einmal zehn Jahren. Im Geleitzug dieser Lokomotive pochen die Gewerkschaften der anderen Branchen nun ihrerseits selbstbewusst auf höhere Gehälter.

Ein Jubelabschluss ist nicht wahrscheinlich

Auch 2016 wird vom Metalltarifabschluss ein wichtiges Signal erwartet. Der Ehrgeiz der Gewerkschaft, ihren Mitgliedern ein sehr gutes Ergebnis zu präsentieren, dürfte nicht geringer werden. Doch die Unsicherheiten nehmen zu. Wachstum ist in der Metall- und Elektroindustrie kaum zu erwarten, und investiert wird verstärkt im Ausland. Gerade die exportabhängigen Maschinenbauer müssen sich sorgen wegen der politischen und wirtschaftlichen Krisen weltweit, die ihre Geschäfte trüben. Für sie herrscht Stagnation. Wie lange das geringe Zinsniveau, der schwache Euro und die niedrigen Energiepreise den Aufschwung noch stützen, ist auch ungewiss.

Dass die Arbeitgeber ihre Gegenseite im Vorfeld der Tarifrunde zur Zurückhaltung mahnen, ist üblich. Diesmal spricht tatsächlich einiges dafür, dass kein Jubelabschluss für die IG Metall herausspringt. Dann müssten die Tarifparteien der anderen Branchen selbst etwas dafür tun, dass die Binnennachfrage auf Touren bleibt.