An beiden Schauplätzen werden rund 1000 Streikende erwartet. In der Landeshauptstadt rechnet Verdi damit, dass der Großteil der Kitas am Mittwoch geschlossen bleibt. „Gewerkschaftlich sind wir beim Jugendamt am stärksten aufgestellt“, begründet Sidar Carman, die Geschäftsführerin des Verdi-Bezirks, die Strategie zum Auftakt. Gerade mit Blick auf die nächste Verhandlungsrunde Mitte Februar und die Bundestagswahlen wolle man schnell wirkungsvoll auftreten und in die Streikbewegung kommen.
Stadt warnt davor, den Konflikt zu eskalieren
Zudem sei der Personalmangel und damit die Dringlichkeit der Forderungen gerade bei den Erzieherinnen und Erziehern sehr groß. Der konkrete Ablauf am Mittwoch sei noch in der Planung, aber es werde eine Streikversammlung im Gewerkschaftshaus mitsamt anschließender Demonstration geben.
Die Stadt Stuttgart mahnt, den Konflikt nicht weiter zu eskalieren: „Die angekündigten Streiks im öffentlichen Dienst zeigen, wie angespannt die Lage in den Kommunen ist“, sagte der Erste Bürgermeister Fabian Mayer (CDU) unserer Zeitung. „Wir verstehen die berechtigten Anliegen der Beschäftigten, müssen aber ehrlich sagen: Die Finanzspielräume der Kommunen sind eng.“
Auch in der Landeshauptstadt trübe sich die Haushaltslage ein. Viele Städte und Gemeinden stünden bereits jetzt vor immensen finanziellen Herausforderungen; jede zusätzliche Belastung treffe die kommunale Familie hart. „Dennoch appelliere ich an alle Beteiligten, im Dialog zu bleiben und gemeinsam nach Kompromissen zu suchen, die fair und realistisch sind.“ Gleichzeitig „müssen wir sicherstellen, dass die Grundversorgung der Bürgerinnen und Bürger auch während der Streiks nicht gefährdet ist“.
Verdi fordert mindestens aber 350 Euro mehr monatlich
Verdi fordert für die bundesweit mehr als 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst Einkommenserhöhungen im Volumen von acht Prozent, mindestens aber 350 Euro mehr monatlich und höhere Zuschläge für besonders belastende Tätigkeiten. Von der schwierigen Lage der kommunalen Haushalte wollen sich die Gewerkschaftsfunktionäre nicht in die Defensive drücken lassen. Die Beschäftigten seien in den Verwaltungen nah dran an der Finanzlage und wüssten um die Situation in der jeweiligen Kommune, so Carman. Das dramatische Bild der Arbeitgeberseite, wonach es durchweg klamme Kassen gebe, werde entschieden zurückgewiesen, schildert sie ihren Eindruck von der Streikversammlung am Donnerstag. Im Gegenteil führe das Argument zu mehr Frust, weil die Frage nach den politischen Prioritäten in den Haushalten gestellt werde. Zudem müsse der Bund die Kommunen finanziell besser ausstatten.
Auch dass etliche Bürger- und Oberbürgermeister davor warnen, bei einem hohen Tarifabschluss öffentliche Dienstleistungen kürzen zu müssen, kommt bei Verdi nicht gut an. „Damit versuchen sie, ihre Bürger gegen die eigenen Beschäftigten in Stellung zu bringen“, rügt Landesvize Hanna Binder.
Der Landesvorsitzende des Kommunalen Arbeitgeberverbandes (KAV), Wolf-Rüdiger Michel, moniert, durch die Streiks vor allem in den Kitas und im kommunalen Nahverkehr würden Eltern, Kinder und Jugendliche sowie Pendler erheblich in ihrem Tagesablauf beeinträchtigt. Die Vielzahl der kurzfristig anberaumten Aktionen zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Verhandlungen sei nicht nachvollziehbar. Diese hätten am 24. Januar mit einem konstruktiven Meinungsaustausch begonnen, dabei hätten die Gewerkschaften ihre sehr vielschichtigen Forderungen erst konkretisiert. Zudem sei die Fortsetzung am 17./18. Februar vereinbart.
Vorsitzender des Arbeitgeberverbands: Forderungen sind realitätsfern
Auch seien die Streiks angesichts der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen „vollkommen unangebracht“, betont der Rottweiler Landrat. Er sitzt bei den Verhandlungen in Potsdam als erster Stellvertreter der Präsidentin des Dachverbands, Karin Welge, am Verhandlungstisch. „Die kommunalen Haushalte sind mit einem Milliardendefizit von 13,8 Milliarden Euro ohnehin schon am Limit.“ Die öffentlichen Arbeitgeber hätten noch mit erheblichen Kostenauswirkungen der vorigen Tarifrunde zu kämpfen – diese hätte den Beschäftigten im Jahr 2024 im Durchschnitt einen Gehaltszuwachs von 11,35 Prozent gebracht. Die neuen Gewerkschaftsforderungen für 2025 würden weitere Steigerungen im zweistelligen Prozentbereich ausmachen. Dies sei „absolut illusorisch und realitätsfern“, sagt Michel.