Die Metallarbeitgeber legen ihren Lösungsvorschlag auf den Verhandlungstisch, der umgerechnet auf zwölf Monate ein Lohnplus von 1,9 Prozent bringt. Die Gewerkschaft kündigt daraufhin Warnstreiks nach dem 1. Mai an.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Ludwigsburg - Die roten Fahnen wehen wieder in großer Zahl. Mehr als 5000 Mitglieder aus mehreren Dutzend Betrieben im Südwesten hat die IG Metall aufgeboten, um in Ludwigsburg Stimmung zu Gunsten der Lohnforderung von 5,5 Prozent zu machen. Die roten Fahnen werden vom 1. Mai an noch kräftiger geschwenkt werden, weil nach der zweiten Verhandlungsrunde sicher mit den – ohnehin eingeplanten – Warnstreiks zu rechnen ist. Denn die Gewerkschaft reagierte entrüstet auf das Angebot der Arbeitgeber, das sie sowohl in Ludwigsburg als auch in München präsentierten.

 

Demnach sollen die 3,7 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie – unter ihnen 740 000 in Baden-Württemberg – zum 1. Juli 2,3 Prozent mehr Lohn bekommen. Vorangehen würden zwei Monate ohne Lohnerhöhung. Auslaufen würde der Tarifvertrag nach 13 Monaten zum 31. Mai 2014. Das Angebot provozierte den Konflikt, betonte IG-Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann. Es bringe gerade einmal den Ausgleich der Inflation, koppele die Beschäftigten aber von der wirtschaftlichen Entwicklung ab. Auf der Kundgebung vor dem Schlosspark-Forum wertete er die Zahl als „Unverschämtheit“. Damit „stehen die Fahnen auf Sturm“. Die Arbeitgeber „stehlen sich aus der Verantwortung für mehr Wachstum und Beschäftigung zu Gunsten der Profite“, monierte Hofmann. Wegen der zwei sogenannten Nullmonate rechnet die IG Metall vor, dass das Angebot auf zwölf Monate bezogen ein Plus von lediglich 1,9 Prozent bedeute.

Schlechter Stil der Arbeitgeber?

Dass er sich schon vor den Verhandlungen über das konkrete Angebot auslassen konnte, ist ein völlig unüblicher Vorgang, der in Ludwigsburg Missstimmung zwischen den Unterhändlern erzeugt hat. Es habe ihn verwundert, dass er die Lohnzahl aus den Medien erfahren müsse, sagte der Bezirkschef den Demonstranten. Dies sei ein Stil, der viel über das Verhalten der Arbeitgeber aussage.

Einer der wenigen Eingeweihten beider Seiten muss das Angebot Stunden zuvor an eine Nachrichtenagentur ausgeplaudert haben. „Aus unseren Reihen kommt es nicht“, kommentierte Südwestmetall-Chef Stefan Wolf das Informationsleck reserviert. Es sei eine Frage der Fairness, die Lohnzahl erst dem Verhandlungspartner zu erläutern. Sein Pendant Jörg Hofmann entgegnete ebenso knapp: „Das ist ein bisschen unglücklicher Vorgang innerhalb der Verhandlungsparteien.“ Derlei Angebote werden dem Tarifpartner mitunter bereits inoffiziell angekündigt, was auch mit dem sonst so guten Verhältnis von IG Metall und Südwestmetall zu tun hat. Diese Kooperation ist nun leicht demoliert. Freilich ist der Schaden überschaubar, weil die Arbeitgeber in Bayern das Angebot schon am Vormittag unterbreitet hatten.

Nach zwei Stunden steht das Ergebnis fest

In Ludwigsburg diskutierten die Verhandlungsdelegationen kaum länger als in München: gut zwei Stunden. Im Anschluss erläuterte Wolf, dass die 2,3 Prozent „deutlich über dem zu erwartenden Produktivitätszuwachs und auch weit über der Teuerungsrate“ liegen. Damit werde den Beschäftigten ein ordentliches Plus bei den Reallöhnen gesichert. „Das zeigt unseren Willen zu einer schnellen, vernünftigen Einigung“, sagte der Verbandschef. Mehr sei bei der teils schwierigen Lage der Betriebe in diesem Jahr „nicht darstellbar“.

Wolf rechnete vor, dass den Beschäftigten auch durch den 4,3-Prozent-Tarifabschluss von 2012 mehr Geld zur Verfügung stehe. In der Summe bedeute dies ein Entgeltplus von 2,4 Prozent gerechnet für das Gesamtjahr 2013. Sein Pendant Hofmann reagierte ungehalten auf diese Logik: Die hohe Tarifsteigerung von 2012 sei eine Korrektur des niedrigen Abschlusses von 2010 gewesen. Wenn die Arbeitgeber dies ignorierten, signalisierten sie, dass sich nachhaltige Tarifpolitik nicht mehr lohne.

Von den auf Arbeitgeberseite so offensiv angemahnten Optionen zur Abweichung in schwächelnden Betrieben ist im Angebot nicht die Rede. Hofmann lehnt „abenteuerliche Differenzierungsaktionen“ ohnehin ab. Daimler-Betriebsratschef Erich Klemm sagte auf der Kundgebung, dass die offerierte Lohnzahl zu einer Mücke passe und nicht einem mutigen (Stefan) Wolf. „Spätestens am 2. Mai sind wir in der Lage, uns in den Betrieben zu zeigen“, kündigte er an.