Die Bahngewerkschaft EVG lässt in den Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn die Muskeln spielen und droht mit Warnstreiks. Ein Verkehrschaos ist vorerst aber wohl nicht zu befürchten. Und zwar aus politischen Gründen . . .

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Droht zu Weihnachten ein Chaos auf der Schiene wegen Bahnstreiks? In Tarifverhandlungen sind Eskalationen zwar immer möglich. Dennoch können alle Pendler und Reisenden entspannt bleiben. Die Gewerkschaft EVG lässt bisher nur die Muskeln spielen mit der Warnung, dass die Deutsche Bahn AG nicht an einem zügigen Abschluss interessiert sei, sich die Lage bald zuspitzen könnte und Warnstreiks dann nicht mehr auszuschließen seien. Bis Anfang Dezember stehen noch zwei weitere Verhandlungsrunden an, parallel soll DB-Personalchef Ulrich Weber auch mit der Lokführergewerkschaft GDL eine friedliche Einigung erreichen.

 

Kein leichter Job, denn mit der Forderung, die Einkommen um insgesamt sieben Prozent aufzustocken, langt die EVG ganz schön zu. Das sei in der aktuellen Lage nicht zu machen, warnt Weber. Denn der größte deutsche Staatskonzern steckt in der schwersten Krise seiner Geschichte und ist ein Sanierungsfall.

Deshalb läuten in der Politik die Alarmglocken. Die Fahrt des Transportriesen ins Verlust- und Schuldenloch ist kein Ruhmesblatt für die Bundesregierung und ihre widersprüchliche, wenig nachhaltige Verkehrs- und Bahnpolitik. Das hat auch der kleinere Koalitionspartner SPD erkannt und versucht deshalb jetzt, mit einem „Schienenpakt 2030“ die überfällige Verkehrswende einzuleiten und beim Wähler zu punkten.

Das neue „Impulspapier“ ist aber erst mal nur eine weitere Sammlung schöner Wünsche und Absichtserklärungen, deren Umsetzung die Partei längst hätte in die Wege leiten können. Schließlich regiert die SPD in Berlin seit vielen Jahren mit und hat deshalb zahlreiche Fehlentwicklungen mit zu verantworten. In erster Linie muss man es aber Verkehrsminister Alexander Dobrindt und seiner Union ankreiden, dass es an zukunftsfähigen Weichenstellungen in einem für unseren Standort so wichtigen Politikfeld fatal mangelt.

Bahnchef Rüdiger Grube weiß derweil genau, was die Politik von ihm erwartet. Weder Bahnstreiks noch weitere Milliardenverluste oder gar weitere Aufregung um Stellenabbau und Großprojekte wie Stuttgart 21 will die Regierung im Wahljahr 2017 erleben. Deshalb könnte auch die Tarifeinigung für den Staatskonzern richtig teuer werden, denn EVG und GDL werden die Lage zu nutzen wissen. Auch deshalb hat Dobrindt der Bahn schon mal weitere milliardenschwere Entlastung auf Kosten der Steuerzahler versprochen.