Der SSB-Busfahrer Michael Wenger kämpft für bessere Arbeitsbedingungen. Der Fahrer erhofft sich durch den Streik Verbesserungen.

Stuttgart - Michael Wenger streikt am Donnerstag nicht. Der 26 Jahre alte SSB-Busfahrer würde zwar auch gern protestieren. "Aber wenn meine Schicht auf der Linie 84 am Nachmittag beginnt, dann ist der halbe Streiktag längst vorbei." Doch der 26-Jährige ist sich sicher, dass auch er seinen Bus noch oft im Depot stehen lassen wird.

 

"Beim Gehalt und den Rahmenbedingungen muss es endlich wieder nach oben gehen", verlangt er. Diese Ziele könne man aber nur durch eigenständige Tarifverhandlungen für den Nahverkehr in Baden-Württemberg erreichen. Die Abkoppelung vom Tarifgefüge im öffentlichen Dienst ist für ihn und viele seiner Kollegen die wichtigste Streikforderung. "Da darf es keine Abstriche geben, wenn es endlich wieder aufwärts gehen soll."

Da klingen zwischen den Zeilen auch kritische Töne für Verdi mit, weil die SSB-Fahrer ihre Interessen nicht angemessen berücksichtigt sehen. "Bei Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst sind wir stets schlecht weggekommen", sagt Wenger. Auch "die da oben" kommen nicht gut weg: Die SSB-Vorstände haben sich im vergangenen Jahr eine Prämie gegönnt. "Aber wenn wir etwas wollen, dann ist immer kein Geld da."

Gehalt der SSB-Fahrer sehr dürftig

Von seinem Bruttogehalt bleiben Wenger im Monat netto zwischen 1500 und 1700 Euro. "Das kommt darauf an, wie viel Zuschläge für Nacht- und Feiertagsschichten drin sind." Davon muss Wenger, der seit zweieinhalb Jahren Linienbusse durch die Stadt steuert, noch "700 Euro warm" für seine Wohnung in Steinenbronn zahlen.

"Mit dem Rest komme ich als Lediger hin", sagt er. "Aber bei verheirateten Kollegen mit Kindern reicht es oft vorne und hinten nicht." Viele Busfahrer wohnten außerhalb, weil sie sich die Mieten in Stuttgart nicht leisten könnten. Ein Auto brauche man sowieso, weil man nach der Nachtschicht ja nicht mehr mit dem Nahverkehr nach Hause fahren könne. "Ein Kollege kommt jeden Tag aus Balingen."

Für mindestens ebenso verbesserungswürdig wie das Gehalt sind für die SSB-Busfahrer die Rahmenbedingungen. "Wir sind immer im Dienst, werktags, samstags, sonntags und an Feiertagen", so Wenger. Als SSB-Fahrer müsse man Früh-, Mittel-, Mittags-, Spät- und Nachtdienste leisten. "Je nach Schicht beginnt unsere Arbeit zwischen 4 Uhr in der Früh und 19Uhr abends."

Arbeitsbedingungen müssen verbessert werden

Besonders ärgert es Wenger, dass Wegezeiten in der Freizeit zurückgelegt werden müssten. "Wenn ich in Möhringen eine Schicht beginne, die später am Hauptbahnhof endet, dann muss ich den Weg zum Betriebshof in Möhringen, wo mein Wagen steht, in meiner Freizeit zurücklegen."

Und den geteilten Dienst, der sich über zwölf Stunden hinzieht, empfindet der 26-Jährige wie viele seiner Kollegen als besonders stressig. "Da hat man nach vier Stunden am Steuer vier unbezahlte frei, die nicht sinnvoll nutzbar sind." Danach müsse man nochmals vier Stunden fahren.

Als unzumutbar empfindet er auch, dass er "Urlaub nehmen oder Überstunden abbauen muss", wenn er an einem Feiertag freihaben möchte. "Das ist ein Punkt, der mich bewogen hat, bei der Urabstimmung in der vergangenen Woche für den Streik zu stimmen."


Auch das Thema Vordereinstieg, "den man uns am Jahresanfang reingedrückt hat", ist für Wenger und viele seiner Kollegen noch immer ein Reizwort. "Wir Fahrer müssen immer mehr Aufgaben übernehmen", klagt er. Dabei sei eine Fahrscheinprüfung auf den Innenstadtlinien im Berufsverkehr gar nicht möglich.

"Wenn gegen 16 Uhr am Hauptbahnhof 100 Leute vorne in den Bus stürmen, dann halten die uns doch alles mögliche hin." Hinzu komme, dass die Kontrolle viele Fahrgäste verärgere. "Die beschweren sich bei mir, weil sie ihr Ticket erst kurz zuvor in der S-Bahn vorzeigen mussten", so Wenger. Ab und zu fielen auch beleidigende Worte.

Der 26-Jährige fährt gern Bus. Der Job am Steuer sei aber anstrengend und verantwortungsvoll. "Haltestellen und Busspuren sind zugeparkt, oft muss ich scharf bremsen, weil Autofahrer plötzlich auf meine Spur ziehen." Hinzu komme der ständige Zeitdruck.

Wenger reicht es. "Ich bin bereit, auch länger für bessere Arbeitsbedingungen zu streiken." Das sei der einzige Weg, um sich endlich Gehör zu verschaffen. "Wir streiken ja nicht, um unseren Fahrgästen einen reinzuwürgen."