Vor dem Landgericht Stuttgart müssen sich zwei Männer im Alter von 26 und 21 Jahren wegen schwunghaften Handels von Rauschgiften verantworten. Mit potenziellen Kunden verabredeten sie sich per Threema und Signal. Dann tappten sie in eine Falle.
Die beiden jungen Männer auf der Anklagebank des Stuttgarter Landgerichts wirken geradezu schüchtern. Die Staatsanwaltschaft ist sich sicher, dass diese Männer knapp vier Wochen lang im vorigen Herbst einen schwunghaften Drogenhandel in Süddeutschland betrieben haben, bei dem 100 Kilogramm Kokain, Amphetamine und Marihuana ge- und verkauft wurden. Drahtzieher war laut Anklage ein 26-Jähriger, der fünf Jahre jüngere Mitangeklagte muss sich wegen Beihilfe zu einer Tat sowie Besitzes von Betäubungsmitteln verantworten.
Beide stammen aus Pforzheim, laut Staatsanwaltschaft soll der 26-Jährige dort, im Raum Heidelberg und in Schwaikheim elf An- und Verkäufe getätigt haben, bei denen 13 Kilogramm Kokain, zwölf Kilogramm Amphetamine und 75 Kilogramm Marihuana mit unterdurchschnittlicher Qualität gehandelt worden sein sollen. Die Geschäfte seien telefonisch oder über die Messenger-Dienste Threema und Signal abgewickelt worden. Den Gewinn aus den Geschäften taxiert die Staatsanwaltschaft auf rund 340 000 Euro.
Ein Kunde saß wohl im Gefängnis
Bereits die erste Tat am 22. November 2023 hat den 26-Jährigen laut Anklage nach Schwaikheim geführt, wo er auf der Straße ein Kilo Kokain für 24 500 Euro an einen Unbekannten verkauft haben soll. Weitere Geschäfte habe der 26-Jährige mit Threema-Nutzern abgewickelt, die sich hinter Tarnnamen wie Beretta, Karat, Capone und Heisenberg verbargen – Letzterer soll im Gefängnis in Mannheim gesessen sein. Das größte Geschäft hat wohl am 4. Dezember stattgefunden. Dabei sollen ein Kilogramm Kokain zu 24 500 Euro und 60 Kilogramm Marihuana für 210 000 Euro im Raum Heidelberg an verschiedene Abnehmer ausgeliefert worden sein.
In der Mittelkonsole lag eine Waffe
Ins Netz der Behörden gingen die Angeklagten am 19. Dezember bei einem von der Polizei observierten Geschäft in Schwaikheim. Laut Anklage hatte das Duo in einem Hotel im hessischen Neu-Isenburg sieben Kilogramm Kokain abgeholt und war nach Schwaikheim gefahren. Am Steuer soll der 21-Jährige gesessen sein, der keinen Führerschein hatte. Die Drogen seien im Kofferraum versteckt gewesen. In der Nähe des Schwaikheimer Freibades sei ein Abnehmer ins Auto gestiegen und soll für ein Kilogramm den Preis von 25 000 Euro bezahlt haben. An der Kreuzung Schillerstraße und Talstraße beendete die Polizei die Transaktion und nahm die Beteiligten fest. Da der 26-Jährige in der Mittelkonsole des Autos ein schussbereites Tierabwehrgerät mit sich führte, muss er sich wegen bewaffneten Drogenhandels verantworten.
Zu den Tatvorwürfen wollten sich die Angeklagten am ersten Prozesstag auf Anraten ihrer Anwältinnen nicht äußern. Beide machten jedoch Angaben zu ihrer Person. So erklärte der 26-Jährige, er habe nach dem Realschulabschluss Praktika gemacht und drei Jahre lang in einem Döner-Imbiss gearbeitet. Seine Eltern seien früh gestorben, seine älteren Brüder zum Studium weggezogen. „Ich habe mich oft allein gelassen gefühlt und konnte meine Erlebnisse mit niemandem teilen.“ Der 21-Jährige berichtete, er sei mit zehn Geschwistern aufgewachsen und 2017 nach Deutschland gekommen. Nach der Sprachschule habe er in Teilzeit in einer Tankstelle gearbeitet.
Richter, Staatsanwältin und die beiden Verteidigerinnen setzten sich zu Verständigungsgesprächen zusammen. Ein mögliches Ergebnis soll am 4. September bekannt gegeben werden. Für den Prozess sind acht weitere Verhandlungstage festgesetzt, das Urteil soll am 18. Oktober verkündet werden.