Schon wieder ein Horror-Trip aus Frankfurt? Nach „Fürchte dich“ lehrt auch „Unter Kriegern“, der siebte „Tatort“ mit dem Duo Janneke/Brix, die Zuschauer das Gruseln, allerdings auf weniger schmunzelnde Art.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Frankfurt - Der letzte „Tatort“ aus Frankfurt war zum Gruseln, aber auf wohlige Art, so spielerisch und augenzwinkernd, wie in „Fürchte dich“ mit dem Schauer-Genre hantiert wurde. Der neue, „Unter Kriegern“, ist auch ein Horrortrip – zum Schmunzeln gibt es dieses Mal allerdings nichts. Das kalte Grausen geht von einer wohlhabenden Kleinfamilie aus: nach außen wie aus dem Ei gepellt, mit Nobelvilla im Neubauviertel, im Innern vollkommen verrottet und verroht.

 

Die Frankfurter Ermittler Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) stoßen auf die Horrorfamilie, nachdem im Heizungskeller des hessischen Sportleistungszentrums der Migrantenjunge Malte Rahmani tot aufgefunden worden ist – eingeschlossen in einem Kessel, wo er qualvoll verdursten musste.

Zunächst gerät der Hausmeister Sven Brunner (Stefan Konarske) in den Fokus, der immer wieder mit dem Jungen gesehen worden war; seine Vergangenheit als gewalttätiger Hooligan, die er gerade mittels einer Therapie zu überwinden versucht, macht ihn zusätzlich verdächtig. Nicht ganz koscher erscheint den Kommissaren aber auch Joachim Voss (Golo Euler). Dem knallharten Manager des Sportzentrums kommt der tote Junge mehr als ungelegen, denn der Kindermord könnte seine Karrierepläne zunichtemachen. Dann taucht aber ein Foto auf, das ihn in vertrauter Pose mit Malte zeigt, außerdem ist auf Sylt, wo Voss ein Ferienhaus besitzt, ebenfalls ein Junge ermordet worden.

Die geballte Boshaftigkeit

Voss ist nicht nur als Chef ein Kotzbrocken: Seine Ehefrau Meike (Lina Beckmann), die in ihrer Unbeholfenheit und Einfalt grob deplatziert neben ihrem smarten Gatten wirkt, erniedrigt und demütigt er, von seinem Stiefsohn Felix fordert er Leistung bis zum Erbrechen. Das Kind wiederum, gespielt von Juri Winkler, den man aus den „Rico & Oskar“-Kinderfilmen kennt, steht dem Stiefvater in seiner Menschenverachtung in nichts nach: Felix erpresst seinen Lehrer, um eine bessere Note für seine Klassenarbeit herauszuschinden, er mobbt eine Mitschülerin, stellt ihr nach und notiert ihre Freizeitaktivitäten gewissenhaft in einem Heft. Selbst für seine Mutter hat Felix nur Hassgefühle: „Du Schlampe“ schleudert er ihr ins Gesicht. „Du bist der Teufel“, kontert Meike zwar verbal, kann sich ansonsten der geballten Boshaftigkeit ihrer Lieben nur mit der Flucht zum geliebten Pferd erwehren.

Die Kleinfamilie als Keimzelle des Bösen: Hermine Huntgeburth (Regie) und Volker Einrauch (Drehbuch) packen ihr verstörendes Psychogramm in überhöhte, stimmungsschwangere Bilder, bei denen schon Architektur und Inneneinrichtung Bände sprechen. Den Kommissaren fällt es schwer, hinter die Mauern der sozialen Kälte zu blicken, der Zuschauer hingegen ist etwas allzu schnell auf der richtigen Spur.

ARD, Sonntag, 20.15