Im neuen Stuttgarter Tatort tut sich hinter Gefängismauern ein stinkender Morast auf: Ein Sicherheitschef herrscht hier wie ein Mafiapate.

Stuttgart - Vor den dunklen Seiten der Gesellschaft will man am liebsten die Augen verschließen. „Die Leute da draußen, die wollen, dass der Knast unsichtbar ist und nicht riecht und nicht schmutzt.“ Damit hat der Sicherheitschef der JVA Zuffenhausen, Andreas Franke (Herbert Knaup), recht. Die Erkenntnis nimmt er zum Freibrief, um in „seinem“ Gefängnis auch nach seinen Gesetzen zu regieren: Prostituiertenbesuche in der Zelle, Drogen frei Haus und allerlei andere Sonderbehandlungen gewährt er den Insassen und streicht dafür Schmiergeld ein. Der „King“, so nennen sie ihn, liebt Elvis Presley und hat alle im Griff.

 

Diesem System, von Franke zärtlich „Familie“ genannt, kommt Thorsten Lannert (Richy Müller) im Stuttgarter „Tatort“ als Undercover-Vollzugsbeamter Peter Seiler auf die Schliche: Der Ermittler hat sich in den Knast eingeschleust, weil in einem Mordfall eine DNA-Spur auf einen Täter hinwies, der zur Tatzeit saß – in eben der JVA Zuffenhausen. Es ist eine glaubwürdige Schattenwelt, die der Regisseur und Drehbuchautor Martin Eigler in „Freigang“ vorführt; die Knastkulissen gepaart mit dem Rotlichtmilieu, in dem sich Lannert und sein Kollege Bootz (Felix Klare) über die Undercover-Aktion auszutauschen, zeigen das sonst so blitzsaubere Stuttgart von einer anderen Seite, und die Darsteller, allen voran Herbert Knaup als jovial-gewissenloser Knastkönig, machen ihre Sache hervorragend.

Kann Lannert das Vertrauen Frankes gewinnen? Und wie weit wird Franke gehen? Fragen, die bis zum Schluss fesseln – ebenso wie eine bittere Einsicht: der Gestank des moralischen Morasts, der sich hinter den von blankem Stacheldraht abgeschirmten Knastfassaden auftut, dringt wirklich nicht nach draußen.