Der neue Tatort ist eher ein Gangsterfilm denn ein Krimi, mit blutigem Massaker und eiskalten Killern. Leider geht dabei die Handlung unter.

Stuttgart - Da hat sich Regisseur Fabian Eder aber ganz schön weit vorgewagt. Denn statt sich an einem soliden Krimi zu versuchen, lässt er im neuen ORF-Tatort "Kein Entkommen" (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD und in der Mediathek) das gute alte Genre des Gangsterfilms wieder aufleben. Das ist ein mutiges Unterfangen - das aber leider etwas missglückt ist.

 

Doch ganz von vorn. Zu Beginn dieses mörderischen Falles sehen sich die Ermittler Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) mit der Leiche eines  Studenten konfrontiert, der vor einem Einkaufszentrum kaltblütig erschossen wurde. Schnell wird klar: Der junge Mann war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort. Eigentlich hatten es die Killer auf Josef Müller (Christoph Bach) abgesehen, der mit richtigem Namen Mirco Gradic heißt und früher einer serbischen paramilitärischen Einheit namens "Sveti Tigar" angehörte. Diese Truppe nicht gerade freundlicher Zeitgenossen war in Serbien für schreckliche Gräueltaten bekannt ("Die anderen ließen wir die Löcher graben. 400 Leichen brauchen Platz", plaudert Gradic im Verhör aus dem Nähkästchen), wegen denen der junge Serbe schließlich desertierte und nach Wien floh.

"Killer-Kumpane" schrecken vor nichts zurück

Nun sind seine alten "Killer-Kumpane" offenbar hinter ihm her und schrecken auch nicht davor zurück, sich an Gradics kleinem Sohn Max (Samuel Jung) zu vergreifen. Eisner und Fellner wühlen sich durch die serbische Unterwelt Wiens und stoßen dabei auf eiskalte Killer, tiefverwurzelten Hass und dunkle Geheimnisse. Doch haben die Ermittler überhaupt eine Chance gegen diese bösartigen Gangster, die keine Gnade kennen?

Mal ehrlich: Mehr Klischees aus einem Gangsterfilm sind nur ganz selten in einem Krimi versammelt. Da sind die serbischen Verbrecher, die schwarze Lederklamotten tragen, mit einem stechenden Blick durch die Gegend laufen und immer eine Knarre irgendwo versteckt haben - zur Not auch mal hinter einer Fliese im Bad. Es gibt ein unschuldiges Kind, eine unwissende Ehefrau, jede Menge Leichen (bei 13 verliert man irgendwie den Überblick), eine Gangsterkneipe und Ermittler, die dem Geschehen irgendwie mehr hinterherkeuchen als aktiv eingreifen - wobei das mit dem Keuchen in Eisners Fall durchaus wörtlich gemeint ist.

Zu viele serbische Namen

Doch was in Coppolas "Pate" noch irgendwie cool wirkte, kommt "Kein Entkommen" wie ein trauriger Abklatsch alter Gangster-Größe rüber. Die ganze Handlung erscheint zusammengewürfelt, ohne roten Faden, beliebig. Und dass die Ermittler ständig mit unzähligen serbischen Namen jonglieren, die alle auf -ic zu enden scheinen, macht es auch dem aufmerksamen Zuschauer nicht leicht, den Windungen des Falles zu folgen. Zugegeben, beim Showdown kommt dann doch noch sowas wie Spannung auf. Ob das aber reicht, um die übrigen zähen Minuten wieder wettzumachen - das muss jeder für sich selbst entscheiden.

Schönste Krimifloskel: "Er kann noch nicht weit sein", schließt Killer Rajko Stelic (Giorgi Gvinadze) messerscharf, nachdem er in die Wohnung von Mirco Gradic eingebrochen ist.

Heimliche Stilikone: Einfach todschick, dieser gestreifte Flanell-Pyjama, in dem Gradic vom Balkon springt. Der hätte jedem Krankenhaus zur Ehre gereicht.

Gefühlter Moment, in dem der Fall gelöst ist: Naja, eigentlich weiß man die ganze Zeit, wer die Guten und wer die Bösen sind - das ist auch schwer zu übersehen. Die letzte Wendung des Falles kommt allerdings erst gut zehn Minuten vor Schluss ans Licht.