Ob Rosenberg, Mölders oder Gomez – die Spieler messen sich am vergangenen Bundesligaspieltag auch kunstvoll im Chancenvergeben.

Stuttgart - Dass Mirko Slomka ein Mann von Welt ist, hat er auch an diesem Spieltag wieder bewiesen. Nach dem 1:0-Erfolg seines Clubs Hannover 96 gegen den 1. FC Nürnberg sagte er über den Siegtorschützen Mohammed Abdellaoue: "Er ist eine Goal Machine." Der kosmopolite Trainer, der in seiner aktiven Zeit für Topvereine wie Stern Misburg und Fortuna Sachsenroß Hannover spielte, hätte natürlich auch ganz simpel sagen können: "Er ist eine Tormaschine." Aber mit seinem englischen Fachausdruck, der im Mutterland des Fußballs auch nur von den allerschlausten Experten verwendet wird, stellt sich Slomka natürlich auf eine Stufe mit Trainergrößen wie Sir Alex Ferguson.

 

Doch der 19. Bundesligaspieltag hat neben den außergewöhnlichen Fremdsprachenkenntnissen Mirko Slomkas auch noch andere bahnbrechende Ergebnisse hinsichtlich der aktuellen Weiterentwicklung des Fußballs gebracht. Besonders vor dem gegnerischen Tor geht der Trend mittlerweile dahin, nicht so kunstvoll wie möglich den Ball hinter die Linie zu bugsieren - sondern so kunstvoll wie möglich zu scheitern.

Leidenschaftliche Gesten der Gescheiterten

An diesem Wochenende überboten sich die Spieler darin, in den aussichtsreichsten Situationen kein Tor zu schießen. Bremens Markus Rosenberg schaffte das dreimal, einmal traf er wenigstens den Pfosten. Zweiter in dieser Disziplin wurde der Augsburger Sascha Mölders, der zwei riesige Chancen vergab. Doch auch dessen Teamkollegen Tobias Werner und Marcel Ndjeng, Münchens Mario Gomez sowie der Berliner Pierre-Michel Lasogga unterstrichen ihre Stärke darin, beste Möglichkeiten auszulassen. Wobei zur Ehrenrettung von Gomez und Lasogga gesagt sei: beide trafen auch je einmal ins Tor.

Doch das Chancenvergeben ist heutzutage viel unterhaltsamer als das Chancennutzen. Denn danach zeigen die Spieler meist viel leidenschaftlichere Gesten als beim Jubel. So präsentierte Rosenberg das gesamte Repertoire: den ungläubigen Blick ins Leere, das fassungslose Kopfschütteln, das unverständliche Grinsen, die Hand vor das Gesicht halten.

Mölders perfektionierte den Klassiker: das mehrmalige Sich-die-Haare-Raufen. Und die dramatisch ausdrucksstärkste Leistung lieferte Ndjeng ab. Er ging am Fünfmeterraum in die Knie, legte den Kopf in den Rasen und verbeugte sich, als würde er gen Mekka beten. Der trendbewusste Slomka soll übrigens schon einen Namen für diese neue Entwicklung gefunden haben: "Broken Goal Machines", nennt er sie. "Kaputte Tormaschinen" klingt ja viel zu altbacken.