Irre Killer, Schießereien, Leichenberge: Das gibt es im neuen Tatort nicht. Stattdessen wird ein sensibles Thema aufgerollt - und die Spannung geht flöten.  

Stuttgart - Brutale Metzeleien, wilde Schießereien, ein dem Wahnsinn verfallener Killer: Das alles gibt es im neuen „Tatort“ aus München nicht. Im Gegenteil. „Ein ganz normaler Fall“ von Regisseur Torsten C. Fischer ist eher eine Sozialstudie denn ein echter Krimi.

 

Dabei fängt alles recht spannend an. Der Mord, den die Kommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) aufzuklären haben, wird in einer Synagoge begangen. Dort hat sich Rafael Berger (Oliver Nägele) bei einem Treppensturz das Genick gebrochen. An Verdächtigen mangelt es nicht: Sie finden heraus, dass Berger den Rabbiner Grünberg (André Jung) für den Selbstmord seiner Tochter Leah Berger verantwortlich machte - sie hatte sich zwei Wochen zuvor von einem Balkon gestürzt. Auch der aufbrausende Jonathan Fränkel (Alexander Beyer), ebenfalls Mitglied der jüdischen Gemeinde, hat ein Motiv. Soweit so gut.

Zu viele Klischees

Dass die Geschichte trotzdem nicht so recht zündet liegt vielleicht auch daran, dass sich Fischer als thematischen Schwerpunkt einen harten Brocken rausgepickt hat: Judentum in Deutschland – für viele Menschen immer noch ein Thema, das besser mit Samthandschuhen angefasst wird. Und wie um niemandem auf die Zehen zu treten inszeniert Fischer seinen „Tatort“ fast wie eine Studie aller Facetten dieser Thematik.

Leider verfällt er dabei in Klischees: Da gibt es den Staatsanwalt, der aus Sorge um die öffentliche Meinung die beiden Ermittler ziemlich plump in die Schranken weist (“Das ist eben ein schmaler Grat“), die ältliche Vermieterin, die alte Nazi-Ideologien wiederkäut und die Anwältin, die mit Pathos die Normalität jüdischen Lebens in Deutschland beschwört. Kein Wunder, dass dieser „Tatort“ eher einem Eiertanz gleicht und die Ermittlung dabei fast zur Nebensache degradiert wird. Trotzdem, es ist mutig, was Fischer hier versucht – sich mit der vielschichtigen Beziehung vieler Menschen in Deutschland zum Judentum zu beschäftigen – und schon dafür gebührt ihm Respekt.