In der neusten Folge der Stuttgarter Tatort-Ausgabe ging es auch um das umstrittene Projekt Stuttgart 21. Allerdings nur ein bisschen.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Stuttgart - Dass Stuttgart schön bunt ist, hat sich lange vor den jüngsten Landtagswahlen herumgesprochen. Aber der neue "Tatort" winkt trotzdem wild mit dem Schildchen "Imagekorrektur". Bei einem Wagenhallen-Rockkonzert ertönt die Parole "Stuttgart muss bunt bleiben"; der ganze Krimi soll, so scheint es, als Beleg für diese Farbtheorie herhalten. Am Schluss sinniert Kommissar Lannert (Richy Müller), dass nichts bleibt, wie es war, dass ein Bahnhof unter die Erde kommt, ja, dass die ganze Stadt umgekrempelt wird. Auch dieser Minikommentar zu Stuttgart 21 kommt ein bisschen überholt daher.

 

Zu Beginn braust Lannert mit seinem zigarrenbraunen Porsche in die Wagenhallen, und das immerhin ist ein spannungsgeladenes Bildmotiv. Starke Kontraste, von Kulturen, von Milieus und Mentalitäten, kennzeichnen die Folge "Grabenkämpfe", in der Bootz (Felix Klare) und Lannert zunächst den Tod von Stefan Aldinger aufzuklären haben. Der hat mit seinem Kompagnon Timo Holzmann (Guntbert Warns) die Kulturstätte am Nordbahnhof gemanagt, in schwierigen Zeiten: Ein Projekt des Baulöwen Walter Rühle, der auf dem Gelände eine Wohnsiedlung der gehobenen Sorte plant, gefährdet die Verlängerung des Pachtvertrags. Damit ist Rühle (Rüdiger Vogler) ein Hauptverdächtiger. Er residiert in einer Bonzenvilla und behandelt seinen Justiziar Clemens Doll (Hans Löw), ein Schulfreund von Bootz, wie einen Lakaien. Um Stimmen für sein Bauprojekt zu gewinnen, schickt er sich an, seine 15 Millionen Euro schwere Gemäldesammlung dem Kunstmuseum zu vermachen.

Auf Stuttgarts quietschfarbener Seite steht Aldingers Ehefrau mazedonischer Herkunft, die Kickboxerin Elena (Jasmin Gerat), die ihrem Mann wiederholt mit ihren Fäusten zusetzte, überzeugt, dass er eine Geliebte hat - auch ein klassisches Mordmotiv. Der friedfertige Altalternative Holzmann ist ebenfalls schwer tatverdächtig. Der schwule Museumskurator Julian Siebert (Arnd Klawitter), der nebenher Yogastunden gibt, fügt dem Stadtporträt einen weiteren schrillen Farbtupfer hinzu. Und so durchwaten die Kommissare bei ihren Mordermittlungen allerlei Klischeetümpel im Nesenbachtal. Wenn das Drehbuch trotzdem auch packende Momente hervorbringt, dann liegt das vor allem an den menschlichen Abgründen, die sich den Ermittlern unter den glattgebürsteten Oberflächen offenbaren.

Den Tatort gibt es in der ARD-Mediathek zu sehen (20 bis 6 Uhr).