Der Saarbrücker „Tatort“ unternimmt in der Folge „Totenstille“ einen Ausflug in die Welt der Gehörlosen. Der sozialpädagogische Ansatz wird überreizt - und Devid Striesows Kommissar Stellbrink nimmt gibt sich allzu locker.

Saarbrücken - Der „Tatort“ hat es sich bekanntlich zur Aufgabe gemacht, sämtliche soziale Nischen der Bundesrepublik abzubilden. Eine davon ist die Minderheit der Gehörlosen. Ehrenwert also, wenn die Saarbrücker Folge „Totenstille“ in die Welt derer führt, die ohne Gehör und gesprochene Sprache auskommen müssen. Peter Probst (Buch) und Zoltan Spirandelli (Regie) gehen mutig und konsequent vor, wenn sie zum einen zentrale Figuren mit Gehörlosen besetzen und zum anderen deren Dialoge in Gebärdensprache ohne Untertitel zeigen. Der hörende Zuschauer bleibt außen vor – so wie allzu oft im wahren Leben der Gehörlose. Der sozialpädagogische Ansatz wird aber überreizt, wenn Hauptkommissar Jens Stellbrink (Devid Striesow) im Eiltempo die Gebärdensprache erlernt, dann auf im Grunde diskriminierende Art versucht, mit Hilfe von Ohrstöpseln nachzuempfinden, wie sich eine Welt ohne Ton anfühlt, schließlich auch noch mit der temperamentvollen Gehörlosen Kassandra (Kassandra Wedel) anbändelt und Sätze fallen wie „Ohren werden doch eh überbewertet“. Man mag kaum glauben, dass die gehörlose Bloggerin Julia Probst am Drehbuch mitgewirkt hat.

 

Trotzdem schaut man einigermaßen interessiert zu, was aber vor allem mit dem überzeugenden gehörlosen Benjamin Piwko als Hauptverdächtigen Ben Lehner zu tun hat. Der Fall wirkt erst reichlich bizarr – in einer Gaststätte finden zeitgleich eine Sex-Eskapade mit Todesfolge und eine Trauerfeier statt –, gewinnt dann aber durch die personellen und kriminellen Verflechtungen und ausgelegten Fährten an Komplexität. Unglücklich hingegen Striesow, dessen Figur in ihrer Lässigkeit völlig verzwungen wirkt. Und wie Stellbrinks Partnerin Marx (Elisabeth Brück) in dieser Folge ins Abseits gedrängt wird, ist fahrlässig.