Mit einem Tatort-Krimi im klassischen Sinne hat der neue Hamburger Tatort mit Til Schweiger in der Hauptrolle wenig zu tun. Es handelt sich eher um einen actiongeladenen Thriller mit einer Prise Humor.

Stuttgart - Bei einer Sache konnte sich Til Schweiger dann doch nicht durchsetzen: Der Tatort-Vorspann, der seit seiner ersten Ausstrahlung im Jahr 1970 nicht verändert wurde, bildet auch bei Schweigers erstem Einsatz als Nick Tschiller im neuen hanseatischen Tatort „Willkommen in Hamburg“ (Sonntag, 10. März, 20.15 Uhr im Ersten und in der ARD-Mediathek) die Ouvertüre.

 

Als „outdated“, also veraltet, hatte Schweiger die filmische Sequenz mit der Augenpartie, dem Fadenkreuz und der flüchtenden Person bezeichnet. Die ARD wollte aber offensichtlich in dieser Hinsicht bei Altbewährtem bleiben. In einer anderen Beziehung wurden dem Star des deutschen Kinos dann aber doch Zugeständnisse gemacht – wobei „Beziehung“ genau das richtige Wort ist: Schweiger setzte nämlich durch, dass seine Tochter Luna (als Lenny) an seiner Seite spielen darf. Und auch Schweigers Kumpel Fahri Yardim wurde im Drehbuch bedacht. Er mimt Tschillers Partner Yalcin Gümer.

Gleich drei Tote in den ersten Minuten

Der Polizist Nick Tschiller zieht von Frankfurt, wo er als verdeckter Ermittler und als Mitglied des SEK gearbeitet hat, nach Hamburg. Dort möchte er sich intensiver um seine Tochter Lenny kümmern. Gleich bei seinem ersten Einsatz für das Hamburger LKA kommt es jedoch zu einer brutalen Schießerei, bei der der eigenwillige Ermittler in den ersten Minuten gleich drei Menschen erschießt (O-Ton Schweiger: „eine Revolution“).

Eigentlich sollten Tschiller und sein Kollege Gümer routinemäßig eine Wohnung überprüfen. Diese entpuppt sich jedoch als Versteck von minderjährigen Prostituierten, deren Zuhälter plötzlich vor der Tür stehen. Und dann taucht auch noch Tschillers ehemaliger Partner Max Brenner (Mark Waschke) am Tatort auf.

Aufgrund seiner unorthodoxen Vorgehensweise, der gleich drei Kriminelle zum Opfer gefallen sind, hat Staatsanwältin Hanna Lennerz (Edita Malovcic) Tschiller auf dem Kieker. Der neue Ermittler muss sich internen Untersuchungen stellen, bei denen geklärt werden soll, ob er tatsächlich in Notwehr gehandelt hat. Auch von seinen Kollegen wird Tschiller mit großem Misstrauen beobachtet. Lediglich der computeraffine Gümer hilft seinem Partner vom Krankenbett aus.

Tschillers Partner sorgt für eine Prise Humor

Mit einem Tatort-Krimi im klassischen Sinne – mit Indizien suchen und Zeugen befragen – hat „Willkommen in Hamburg“ wenig zu tun. Unter Einsatz seines Lebens bekämpft Tschiller das Böse dieser Welt und zieht sich dabei blutige Schrammen und Kratzer zu, die 90 Minuten lang sein Gesicht zieren. Es handelt sich hierbei also eher um einen actiongeladenen Thriller mit Schießereien, Verfolgungsjagden und coolen Sprüchen – und erinnert damit stark an Götz Georges Auftritte als Ruhrpott-Ermittler Horst Schimanski.

Auch eine Prise Humor fehlt beim neuen Hamburger Tatort nicht. Für die sorgt vor allem Fahri Yardim in seiner Rolle als Tschillers Partner Yalcin Gümer mit seinen ironischen Anmerkungen. Und auch Til Schweiger beweist Selbstironie. Etwa, wenn er zu einer Dame, die seinen Namen auf Anhieb nicht versteht, sagt „Ich nuschel etwas“.

Fazit: Der neue Hamburger Tatort mit Til Schweiger in der Hauptrolle ist auf jeden Fall sehenswert. Nach den letzten Episoden aus Wien und Bremen, die mit Themen geradezu überladenen waren, kommt der neueste Fall aus Hamburger ziemlich erfrischend daher. Außerdem sollte man ihn schon allein gesehen haben, um am Montag etwas sagen zu können, wenn die Kollegen im Büro über Til Schweigers Tatort-Debüt diskutieren.

Schönste Krimifloskel: „Nichts passiert...ein glatter Durchschuss“, sagt Tschiller zu seinem Partner Gümer, nachdem es diesen bei einer Schießerei im Treppenhaus erwischt hat.

Heimliche Stilikone: Max Brenners sehr ausgeprägter Oberlippenpart à la Hulk Hogan kommt richtig gut und reiht sich in den Trend ein, wieder Gesichtsbehaarung zu tragen.

Gefühlter Moment, in dem der Fall gelöst ist: Da Til Schweigers erster Einsatz als Tatort-Kommissar weniger etwas mit Indizien suchen und Zeugen befragen zu tun hat, gibt es nicht wirklich etwas zu lösen. Überraschungen? Auch Fehlanzeige.