Nach dem Tod der reichsten Frau Monacos steht ihr Schwiegersohn im Zwielicht. Laut der Justiz ist er ein Hochstapler. Sein Geständnis, Auftragskiller engagiert zu haben, hat der Mann widerrufen. Doch das nützt ihm wenig.

Monaco - Von der Mauer des Baumettes, des berüchtigten Gefängnisses von Marseille, glotzen Monster herab. Der Bildhauer Antoine Sartorio hat sie geschaffen. Ein jedes symbolisiert eine der sieben Todsünden aus Dantes göttlicher Komödie: Habgier, Neid, Völlerei, Hochmut, Jähzorn, Wolllust und Trägheit. Hinter der Mauer sitzt Wojciech Janowski in Einzelhaft, der offenbar nicht frei war von Habgier und Hochmut.

 

Vor einer Woche noch war der 64-jährige Geschäftsmann Polens Honorarkonsul in Monaco. Jahrelang hatte er zuvor zur feinen Gesellschaft des Fürstentums gezählt, die sich zumal bei Wohltätigkeitsbällen die Ehre gibt. Nun gilt er nur noch als der Mann, der die Ermordung seiner 77-jährigen Schwiegermutter Hélène Pastor in Auftrag gegeben hat, der reichsten, wenn nicht einflussreichsten Frau Monacos. Etwa 4000 Wohnungen im Wert von mehr als 30 Milliarden Euro zählten zu ihrem Besitz – 15 Prozent des gesamten Baubestands.

Die feine Gesellschaft ächtet den Verdächtigen

Polens Außenminister Radoslaw Sikorski hat die Konsequenzen gezogen und den Ende 2012 noch zum Generalkonsul Beförderten offiziell abgesetzt. Andere Weggefährten haben den Lebenslauf des Verfemten aus dem Internet entfernt. Dabei ist Janowski streng genommen gar nicht der Schwiegersohn von Hélène Pastor, sondern nur der ihrer Tochter Sylvia seit 28 Jahren verbundene Lebensgefährte. Auch hat er Ende vergangener Woche das Geständnis widerrufen, das er zuvor im Polizeirevier abgelegt hatte.

Doch dass einer Lebensgemeinschaft der Trauschein fehlt, scheint nicht einmal mehr im konservativ-katholischen Monaco von Bedeutung. Und der mit unzureichenden Französisch-Kenntnissen begründete Widerruf nützt Janowski auch nicht viel. Zwei mutmaßliche Komplizen haben nämlich ebenfalls ein Geständnis abgelegt: Janowskis privater Fitnesstrainer Pascal Dauriac (46) und der in Marseille als Dieb und Drogendealer aktenkundige Alhair Almadi (31). Beide halten an ihren Aussagen fest. Und vor allem: die Beichte des Duos fügt sich mit Janowskis widerrufenem Geständnis zu einem schlüssigen Tatablauf.

Das Blutgeld ging an einen Sportlehrer

Der Diplomat, der auch als Inhaber einer angeblich der Nanotechnologie und der Wasseraufbereitung verpflichteten Firma namens Firmus Sam firmierte, hat demnach von einem Off-Shore-Konto des Unternehmens in Dubai 250 000 Euro in bar abgehoben. Der Großteil des Geldes ging an den schon bei früheren Gelegenheiten reich bedachten Sportlehrer, verbunden mit dem Auftrag, seine Kontakte in die Unterwelt Marseilles zu nutzen und Hélène Pastor umbringen zu lassen. Dauriac nahm für 60 000 Euro zwei unerfahrene Low-cost-Kriminelle unter Vertrag, die zur Freude der Ermittler am Tatort jede Menge Spuren zurückließen.

Überwachungskameras eines Krankenhauses zeichneten auf, wie einer der beiden am 6. Mai in Nizza auf die Milliardärin und ihren Fahrer feuerte. In einem Hotel der Stadt fand die Polizei genetische Fingerabdrücke des Duos. Und dann meldete sich auch noch ein Taxifahrer, der die beiden nach Marseille zurückgebracht hatte.

Schwiegersohn und Schwiegermutter mochten sich nicht

Auch das Mordmotiv glaubt die Staatsanwaltschaft jetzt zu kennen. Als „Habgier“ ist es in den Ermittlungsakten festgehalten. Der Unterhalt von 500 000 Euro, den Hélène Pastor der Tochter monatlich aus dem Familienvermögen zukommen ließ und dessen sich Janowski ebenfalls erfreute, hatte sich demnach als unzureichend erwiesen. Die 7,5 Millionen Euro, die Sylvia dem Lebensgefährten vor der Tat überwies, vermochten den Bedarf des in zwielichtige Geschäfte verwickelten Empfängers auch nicht zu decken. Allein das Vermögen der Milliardärin versprach dauerhaft Abhilfe. Dass Janowski seine Schwiegermutter noch nie leiden konnte, dürfte den Entschluss, den Erbfall gewaltsam herbeiführen zu lassen, erleichtert haben.

Womöglich ist Wojciech Janowski ja nicht nur unglücklich, hinter Gefängnismauern zu sitzen. Sie bewahren ihn immerhin vor der Geringschätzung, ja Häme des monegassischen Geldadels. Die Ermittlungen im Mordfall Pastor haben den in Warschau geborenen Polen nämlich nicht nur als mutmaßlichen Auftraggeber des Kapitalverbrechens entlarvt, sondern auch als Hochstapler. So manches, was er in Monte Carlo als Ausweis von Reichtum und Bildung präsentierte, hat sich als frei erfunden herausgestellt. Der angebliche Studienabschluss in Ökonomie an der Universität Cambridge zählt dazu oder auch die Janowskis Lebenslauf schmückende Leitung von Hotels und Casinos.

Die Milliardärin hielt den Konsul für einen Erbschleicher

Hélène Pastor hat es ja schon immer gewusst. Dieser Janowski sei keine gute Partie, hatte sie ihre Tochter bei passenden wie unpassenden Gelegenheiten belehrt. Wenn schon nicht als Mordgesellen, so hatte die zurückhaltende Milliardärin ihren Schwiegersohn zumindest als Erbschleicher in Verdacht – zu Recht, wie es scheint. Janowski wird jedenfalls noch geraume Zeit hinter den Mauern von Baumettes ausharren müssen. Der Untersuchungsrichter hat den nächsten Haftprüfungstermin erst für Juli 2015 angesetzt.