Nicht jeder, der in Stuttgart als Taxifahrer arbeiten möchte, darf das auch – denn die Stadt reguliert die Zahl der Taxis und führt eine Warteliste mit Kandidaten. Konzessionen sind auch deshalb heiß begehrt, auf 50.000 Euro wird ihr Wert geschätzt.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Wer einmal in der Silvesternacht vergeblich am Straßenrand nach einem Taxi Ausschau gehalten hat, der wünschte sich in diesem Moment, es gebe wenigstens doppelt so viele in Stuttgart. Wie viele Taxis zugelassen sind, das ist Sache der Stadt. Die Führerscheinstelle führt eine ellenlange Warteliste mit den Namen der Anwärter auf die begehrten Konzessionen, deren Wert auf 50 000 Euro geschätzt wird. Zwei der Kandidaten von den Warteplätzen 287 und 315 haben nun versucht, sich vor dem Verwaltungsgericht ihr Recht auf eine Taxikonzession zu erstreiten. Die Verfahren endeten mit einem Vergleich. Denn der Richter Wolfgang Gaber, der Vizepräsident des Gerichts, sah in der vorgelegten Warteliste der Stadt keine Grundlage für eine Entscheidung.In dem Vergleich legte die Kammer fest, dass die Stadt ihre Warteliste komplett überarbeiten muss. Es fanden sich darin etliche Namen von Bewerbern, deren Post mit dem Hinweis „unbekannt verzogen“ zurückgekommen sei. Auch fand der Vorsitzende Richter Anwärter, die mit einem Sperrvermerk versehen sind. Dabei kann es sich zum Beispiel um Personen handeln, die aufgrund einer Straftat vorübergehend nicht als Taxifahrer arbeiten dürfen. Auch Kandidaten, die zwar die objektiven Kriterien erfüllen, also unter anderem eine Prüfung bestanden haben, aber aufgrund der subjektiven Kriterien zurzeit nicht in den Beruf einsteigen können, will der Vizepräsident des Verwaltungsgerichts nicht mehr auf der Warteliste lesen. Zu den subjektiven Kriterien gehört zum Beispiel, dass ein angehender Konzessionsinhaber ein Grundkapital – für den Betrieb eines Autos etwas über 2000 Euro – vorweisen kann.

 

Bewerber müssen ein Startkapital vorweisen

Die Warteliste gibt es, weil die Zahl der Taxis in der Stadt beschränkt ist. Zwar besteht in Deutschland das im Grundgesetz verankerte Recht auf die freie Berufswahl. Also dürfte sich grundsätzlich jeder Bürger dazu entschließen, Taxifahrer zu werden. Da Taxis aber auch Teil des öffentlichen Nahverkehrs sind, unterliegen sie dem Personenbeförderungsgesetz. Daher bedarf es zum einen der Konzession, zum anderen kann die Erlaubnis versagt werden, wenn „sonstige Funktionen beeinträchtigt werden“. Das heißt, es dürfen so viele Taxis unterwegs sein, dass ein reibungsloser Verkehr möglich ist. Es müssen ausreichend Stellplätze vorhanden sein, zudem darf kein „ruinöser Wettbewerb“ stattfinden, davor schützt der Gesetzgeber den öffentlichen Nahverkehr – und so auch die Taxis.

Wie viele Taxis zu viele sind, darüber lässt es sich trefflich streiten. Zurzeit haben 703 Unternehmer in Stuttgart eine Konzession. Dazu kommen 81 aus Leinfelden-Echterdingen und Filderstadt. Deren Erlaubnis erteilt zwar der Landkreis Esslingen, wegen des Flughafens auf den Fildern, durch den eine große Nachfrage nach Fahrten in die Landeshauptstadt besteht, haben diese auch das Recht, in Stuttgart an den entsprechenden Stellplätzen Fahrten anzubieten. Die Knappheit an Stellplätzen am Bahnhof, die wegen der Baustelle für das Projekt Stuttgart 21 zu erwarten sei, ist einer der Gründe, warum die Stadt die Zahl beschränkt.Ein Taxi mehr oder weniger würde den Wettbewerb sicher nicht ruinieren. Daher, so der Richter, hätte er dem Anwärter von Platz 287 eine Konzession erteilen können – auch aufgrund der Tatsache, dass die vorgelegte Warteliste in ihrer bestehenden Form nicht ernst zu nehmen war. Jedoch hatte sich der Mann ein Eigentor geschossen, was die subjektiven Vergabekriterien betraf. Er hatte aufgrund seiner schlechten finanziellen Situation Prozesskostenhilfe beantragt. Um diese zu bekommen, hatte er seine Vermögensverhältnisse offenlegen müssen. Dabei wurde offenbar, dass er nicht über das erforderliche Kapital verfügte. Das hatte bei der Ablehnung seines Antrags keine Rolle gespielt. Die Führerscheinstelle hatte ihn aufgrund des schlechten Listenplatzes nicht positiv beschieden. Daher war die Prüfung der anderen Kriterien für die Verwaltung hinfällig.

Vorläufig bekommt die Klägerin eine Mietwagenlizenz

Auch im zweiten Verfahren kam es nicht weiter als bis zu einem Vergleich. Geklagt hatte eine Frau, deren Familie aus Jordanien stammt. Als Muslima wollte sie sich auf Krankenfahrten für Patienten aus dem arabischsprachigen Ausland verdingen. Das Gericht schlug als Einigung vor, ihr zunächst eine Lizenz für einen Mietwagenbetrieb zu erteilen. Wie es für den Rest der wartenden Kandidaten auf der Liste aussieht, wird sich zeigen, wenn die Stadtverwaltung ihre Hausaufgaben gemacht hat.