Elektromagnetische Wellen sparen Energie beim Bergbau und dem Vorantreiben von Tunnelröhren.

Loeben - Mikrowellen könnten in ein paar Jahren den Bergbau und das Vorantreiben von Tunneln erheblich verbessern, beschleunigen und dabei auch noch Energie sparen. Mit ersten Versuchen zeigen Thomas Antretter und Philipp Hartlieb von der Montanuniversität Leoben in der Steiermark und ihre Kollegen nun, dass der Bergbau damit merklich unterstützt wird. Erste Berechnungen der Forscher lassen auf Verbesserungen von bis zu 50 Prozent hoffen. Allerdings muss die Praxis in den kommenden Jahren erst noch zeigen, ob sich solche theoretischen Werte auch verwirklichen lassen. Eines dagegen wissen die Forscher bereits heute: Mit der üblichen Leistung eines in privaten Haushalten eingesetzten Mikrowellengeräts von etwa 800 Watt wird der Bergbau wenig anfangen können.

 

Dabei haben die Forscher sich in ihren ersten Versuchen auf die Bauteile eben solcher Haushaltsgeräte gestützt und die Leistung von vier Geräten zu rund drei Kilowatt kombiniert. Schaltet man ein solches Gerät ein, reagieren die Mikrowellen in der Küche mit dem Wasser der Speisen und heizen dieses effektiv auf.

Im harten Gestein zielen diese Wellen mangels Wasser dagegen eher auf einzelne mineralische Bestandteile und wärmen beim Abbau von Eisen- oder Kupfererzen diese erheblich schneller auf als das sie umgebende Gestein, das im Bergbau taub genannt wird. Erwärmen sich die verschiedenen Bestanteile des Gesteins aber unterschiedlich rasch, entstehen Spannungen, die schließlich selbst den härtesten Granit reißen lassen. Genau solche Risse aber sind noch heute die Grundlage des Bergbaus.

Jede Menge Staub

Nur werden sie nicht mit Mikrowellen, sondern mit völlig anderen Methoden erzeugt. Zum Beispiel mit Hilfe von Sprengstoff, der in vorher gebohrte Löcher ins Gestein geschoben wird. Zündet der Sprengmeister das brisante Gemisch, zerbricht die Wucht der Explosion das harte Gestein, das anschließend abtransportiert wird. Danach wird die nächste Sprengung im Gestein vorbereitet, das hinter der ersten Detonation liegt. Wirklich schnell kommen die Bergleute bei dieser Methode allerdings nicht voran, weil sie immer die gleichen Schritte vom Bohren der Löcher über die Sprengung bis zum Abtransport wiederholen müssen, um die nächste Schicht abzusprengen.

Solche Sprengungen setzen nur einen kleinen Teil ihrer Energie zum Zertrümmern des Gesteins ein. Der große Rest erschüttert den Berg kräftig und produziert jede Menge Staub. Auch die riesigen Maschinen, mit denen Tunnel und Stollen in den Berg getrieben werden, zerkleinern nur mit einem kleinen Teil der eingesetzten Energie das Gestein und produzieren dabei viel Abwärme. An den Bohrköpfen sitzen dabei scharfe Messer, die bei harten Gesteinen auch mit Diamanten als dem härtesten auf der Erde natürlich vorkommenden Mineral besetzt sein können. Diese Messer drehen sich und erzeugen dabei winzige Risse und Spalten im Gestein, entlang derer der Fels dann auseinander gebrochen werden kann.

Schwierige Kurven

„Solche riesigen Tunnelbohrmaschinen funktionieren eigentlich recht gut“, erklärt Philipp Hartlieb. Allerdings arbeiten sie sich geradlinig durch den Berg und erlauben allenfalls leichte Kurven. Für einen Eisenbahn- oder Autobahn-Tunnel mit einer recht geradlinigen Streckenführung eignen sich solche riesige Maschinen daher sehr gut, auch wenn sie die eingesetzte Energie nicht sonderlich effektiv in den Tunnelbau stecken. Im Bergbau aber wird oft ein Stollen-Netzwerk mit weit mehr als hundert Kilometern Länge in den Berg gefräst, für die erheblich kleinere und damit auch wendigere Maschinen eingesetzt werden. „Solche Roadheader aber schneiden sich nur durch Gestein, das deutlich weicher als zum Beispiel Granit ist“, erklärt der Experte Philipp Hartlieb.

Die Idee liegt daher nahe, den Abbau des Gesteins zu erleichtern, indem man schon vorab Risse und Spalten erzeugt. Bevor die Bergleute im Mittelalter dem Gestein mit Hacken auf den Leib rückten, zündeten sie daher erst einmal ein Feuer an, mit dem sie den Fels aufheizten. Bestehen Gesteine wie der harte Granit aus mehreren Komponenten wie Feldspat, Quarz und Glimmer oder aus Eisenerz und tauben Gestein, erwärmen sich die einzelnen Fragmente unterschiedlich stark. So entstehen Spannungen und es bilden sich Risse, entlang derer die Bergleute das Gestein einst abbrachen.

Energiesparende Mikrowellen

Statt brennender Feuer setzen Thomas Antretter und Philipp Hartlieb heute allerdings Mikrowellen ein, weil diese ihre Energie zielgenau auf einzelne Komponenten richten und so viel Energie sparen. Die an der Montanuniversität Leoben eigens konstruierte Maschine mit einer Leistung von 25 Kilowatt schafft das viel besser als mit den drei Kilowatt Leistung aus den ersten Versuchen. Mit einem schlauchartigen Gebilde, einen sogenannten Hohlleiter, bündeln die Forscher diese Mikrowellen und leiten sie direkt auf das Gestein. So entstehen in einem für diese Experimente verwendeten Gesteinswürfel mit Kanten von einem halben Meter Länge rasch einige Brüche. „Aus den entstandenen Rissen können wir ausrechnen, dass diese Mikrowellen-Bestrahlung die benötigten Kräfte zum Abbau des Gesteins um zehn Prozent verringert“, erklärt Philipp Hartlieb.

Anschließend simulieren die Forscher in Computermodellen die entscheidenden Vorgänge und zeigen damit, wie sich die Methode erheblich verbessern lässt: „Dazu sollten wir die Leistung deutlich erhöhen, gleichzeitig aber nur sehr kurze Pulse von vielleicht einer Sekunde Dauer einstrahlen“, fasst Philipp Hartlieb die Erkenntnisse zusammen. Dadurch erhöht sich der Energieverbrauch nicht. Gleichzeitig wärmen die kurzen Mikrowellen-Stöße einzelne Komponenten des Gesteins gezielt und kräftig auf, wobei diese Wärme kaum Zeit hat, zu benachbarten, kühleren Bereichen zu fließen. Dadurch steigen die Spannungen und es entstehen reichlich Risse, die einer Tunnelbohrmaschine die Arbeit erheblich erleichtern. So haben die Forscher Philipp Hartlieb und Thomas Antretter die Türen zu einem „Energiespar-Berg-und-Tunnel-Bau“ weit aufgestoßen.

Wärmende Wellen

Physik
Mikrowellen sind elektromagnetische Wellen mit einer Länge zwischen einem Zehntel Millimeter und einem Meter. Die für den Bergbau experimentell genutzten rund zwölf Zentimeter langen Wellen heizen Wasser besonders gut auf und erwärmen daher auch Speisen gut, die häufig reichlich Wasser enthalten. Allerdings bestehen auch Tiere und Menschen weit überwiegend aus Wasser. Auf US-Mikrowellen-Geräten warnt daher ein Hinweis davor, damit keinesfalls Haustiere zu trocknen.

Gefahren
Ionen erzeugen Mikrowellen deshalb nicht, weil sie dazu zu wenig Energie transportieren. Gesundheitsgefahren, die im Zusammenhang mit der deutlich energiereicheren Strahlung von Handys und anderen elektrischen Geräten befürchtet werden, können daher bei Mikrowellen nicht auftreten. Und Haushaltsgeräte strahlen zu wenig Energie ab, um etwa die Mauern des Zimmers anzukratzen, in dem das Gerät steht. Die in den Versuchen an der Montanuniversität Leoben verwendete Strahlung ist mehr als 25-mal energiereicher als in Haushaltsgeräten.