Das neue Apple-Flaggschiff beeindruckt im Alltagstest mit seiner Leistungsfähigkeit. Die hat aber auch einen stolzen Preis.

Stuttgart - Das iPhone X soll eine Dekade nach der ersten iPhone-Generation ein weiterer Meilenstein sein. Zumindest in einer Hinsicht wurde dieses Ziel erreicht: Mit 1149 Euro Startpreis ist es das bislang teuerste iPhone. Ist es smart, so viel für ein Smartphone auszugeben? Was bietet das iPhone X dafür?

 

Die Bedienung

Das iPhone X kommt erstmals ohne Home-Button aus. Dadurch ist es kleiner als das iPhone 8 Plus, besitzt aber einen größeren Bildschirm. Das Entsperren wie auch das Schließen von Apps funktioniert durch eine Streichgeste von unten nach oben. Bleibt man mit dem Finger in der Mitte des Displays stehen, kann man durch die zuletzt geöffneten Apps blättern – eine Funktion, die man schon bald nicht mehr missen möchte. Das Schnellzugriff-Menü öffnet man nun, indem man auf der rechten Bildschirmseite von oben nach unten streicht. Es dauert etwas, bis man sich daran gewöhnt hat.

Geschützt wird das Gerät durch die integrierte Gesichtserkennung, die laut Apple eine um ein Vielfaches höhere Sicherheit bietet als der Fingerabdrucksensor der Vorgängermodelle. Auf dem Sperrbildschirm angezeigte Nachrichten hatten bislang den Nachteil, dass sie von Dritten mitgelesen werden konnten. Wer beim iPhone X einen Blick auf das Display erhascht, sieht dagegen nur, dass eine Mitteilung eingegangen ist. Erst wenn der Besitzer selbst direkt auf das Gerät schaut, wird auch der Inhalt angezeigt – eine ebenso einfache wie geniale Funktion.

Das Display

Smartphones werden heute mehr als jemals zuvor als Multimediaplattformen eingesetzt. Das 5,8-Zoll große „Super-Retina-Display“ glänzt hier mit brillanten Kontrasten, hoher Helligkeit und einem extrem erweiterten Farbraum. Kinofilme, Spiele oder eigene Fotos und Videos werden flüssig und mit einer bislang unerreichten Farbtreue und feinen Nuancen zwischen hellen und dunklen Bereichen dargestellt. Der Nachteil der OLED-Technologie mit organischen Halbleitern ist eine geringere Haltbarkeit gegenüber LED. Gefürchtet sind „Einbrenneffekte“, also Bilder, die geisterhaft auf dem Bildschirm stehenbleiben. Laut Apple kann es dazu kommen, „wenn ein Bild mit hohem Kontrastverhältnis über einen längeren Zeitraum ununterbrochen angezeigt wird.“

In der Praxis dürfte das allerdings kaum passieren, da die meisten Nutzer schon aus Energiespargründen die automatische Anpassung an die Umgebungsbeleuchtung und eine Abschaltung des Displays bei längerer Nichtbenutzung aktivieren. Auf die Idee, das iPhone länger bei eingeschaltetem Display mit höchster Helligkeit und stärkstem Kontrast an der Steckdose zu lassen, dürfte wohl kaum ein Anwender kommen. Typische OLED-Anzeigefehler wie Farbtonverschiebungen beim Ändern des Betrachtungswinkels sind kaum zu beobachten.

Die Kameras

Zu den Highlights des iPhone X gehören die integrierten Kameras. Die Fotos und Videos, die man mit diesem Gerät aufnehmen kann, haben Tests zufolge die beste Aufnahmequalität, die sich derzeit mit einem Smartphone erzielen lässt, und zeichnen sich durch höchste Kontraste und herausragenden Farbtreue aus. Der Profifotograf Lee Morris verglich die 4K- und Zeitlupenaufnahmen des iPhone X mit den Aufnahmen einer 1800 Euro teuren Systemkamera. Fazit: Die Ergebnisse sind selbst für Experten kaum zu unterscheiden. Ein Übriges tut die Software: So lassen sich mit Hilfe des Porträtmodus selbst aus unscheinbaren Schnappschüssen Aufnahmen zaubern, die aussehen, als seien sie in einem professionellen Studio entstanden.

Gestochen scharfe Aufnahmen liefert auch das Frontkamera-System, das in dem schmalen Streifen ganz oben im Display untergebracht ist. Ein Infrarot-Sensor erfasst 30 000 Punkte im Gesicht, was nicht nur der Sicherheit beim Entsperren dient, sondern auch Selfies mit einem nie dagewesenen Detailreichtum ermöglicht. Mit „Portrait Lighting“ lassen sich zudem Hintergründe von Aufnahmen entfernen und austauschen. Nicht zu unterschätzen ist auch der Spaßfaktor der „Animojis“. Das sind animierte Cartoon-Gesichter, die sich der eigenen Mimik anpassen und mit der eigenen Stimme sprechen können. Wer meint, das sei ja nur ein simples Gimmick, sollte daran denken, welche Rolle Smilies, Symbole und Mini-Videos in der Welt der Messenger und sozialen Netzwerke heute spielen.

Die Alltagstauglichkeit

Das Durchhaltvermögen eines Akkus hängt stets stark von den genutzten Funktionen ab. Beim iPhone X liegt es etwa zwischen acht und 13 Stunden. Hier spielt abermals das OLED-Display eine tragende Rolle. Dunkle Bilder verbrauchen nämlich deutlich weniger Strom als helle, sodass man mit weniger knalligen Hintergründen und Sperrbildschirmen die Laufzeit spürbar verlängern kann. Am meisten Strom wird beim mobilen Surfen im Internet verbraucht.

Dank der gläsernen Rückseite lässt sich das iPhone X drahtlos aufladen. Vorder- und Rückseite sind durch einen Stahlrahmen verbunden, was dem iPhone X eine schlichte Eleganz verleiht. Doch wie robust ist das iPhone X und wie teuer eine mögliche Reparatur? Die Hardwareexperten von www.ifixit.com haben das getestet und die Rückseite als Achillesferse ausgemacht. Während sich das vordere Display relativ leicht wechseln lasse, komme das Ersetzen der Rückseite einem Austausch des gesamten Gehäuses gleich. Im Ernstfall werden dafür über 600 Euro fällig.

Daher ist zu empfehlen, zumindest im Außeneinsatz eine Schutzhülle zu verwenden. Das ist auch deshalb sinnvoll, weil sich das neue Flaggschiff von Apple im Falltest der Stiftung Warentest als ziemlich empfindlich erwiesen hat: „Das zerbrechlichste iPhone aller Zeiten“, urteilen die Tester. Drahtloses Laden funktioniert übrigens trotz Hülle – auch wenn das Luxushandy dann nicht mehr ganz so smart daherkommt wie gänzlich unverhüllt.

http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.iphone-x-das-unsicherste-iphone-aller-zeiten.0b4a151f-cb52-447c-82f1-ed54b03ad277.html

Die Konkurrenten

Huawei
Das das neue Android-Flaggschiff der Chinesen, das Mate 10 Pro, teilt sich mit dem iPhone X das randlose OLED-Display. Auch eine Leica-Dualkamera ist an Bord, die laut unabhängiger Tests nur leicht hinter der des iPhone X zurücksteht. Drahtlos aufladen lässt es sich nicht. Preis: 799 Euro.

Samsung
Auch die Spitzenmodelle des koreanischen Konzerns warten mit einem randlosen OLED-Display auf. Das Note 8 besitzt den praktischen Eingabestift derzeit noch als Alleinstellungsmerkmal. Die Auflösung ist bei beiden Kameras geringer als bei den Konkurrenten. Preis: 899 bis 999 (Note 8) Euro.

Google
Googles zweite Pixel-Generation, das Pixel 2, zeichnet sich weniger durch extravagantes Design als durch das Ausreizen von Android und eine perfekte Integration der Google-Dienste wie etwa die Sprachsteuerung aus. Das OLED-Display ist nur bei der XL-Variante gebogen und fast randlos. Preis: 799 bis 1049 Euro (Pixel 2 XL, 128 GB).