Schimanskis Jacke, Mutter Beimers Bademantel – in einer großen Sonderausstellung präsentiert das Technoseum in Mannheim die Geschichte von Radio und Fernsehen.

„Achtung, Achtung! Hier ist die Sendestelle Berlin im Vox-Haus auf Welle 400 Metern.“ Mit dieser ebenso knappen wie verheißungsvollen Ansage ging vor nunmehr 99 Jahren mit der Funkstunden-AG der erste offizielle Radiosender in Deutschland an den Start. Man schrieb den 29. Oktober 1923, das Land war vielerorts noch gezeichnet vom Ersten Weltkrieg, vielerorts herrschten Armut und Arbeitslosigkeit, doch in der Hauptstadt lockten längst auch wieder Kunst, Kultur und Unterhaltung. Das Mikrofon von damals war ein eher unscheinbares kleines Kästchen, sichtlich von Hand zusammengeschraubt. Aufgehängt an einem eindrucksvollen, mannshohen Metallständer, gekrönt vom Firmenlogo, bildet es derzeit den Auftakt zu einer großen Sonderschau, die das Mannheimer Technoseum anlässlich des bevorstehenden 100-Jahr-Jubiläums präsentiert.

 

Unter dem Titel „Auf Empfang! Die Geschichte von Radio und Fernsehen“ geht der Blick zunächst zurück auf die Pioniere des Mediums, unter ihnen Heinrich Hertz, Professor der TH Karlsruhe, der 1886 erstmals die Existenz elektromagnetischer Wellen nachgewiesen hat. Vor deren Entdeckung stand zunächst das – rein lineare – Funken. Die Technik kam vor allem im staatlichen Auslands- und Kolonialfunk, im Militär und der Schifffahrt zum Einsatz – oft geheim und immer unter staatlicher Kontrolle. Angesichts durchtrennter Telegrafenleitungen zeigte sich dann im Ersten Weltkrieg die große Bedeutung der elektromagnetischen Wellen. Erst sie ermöglichten „einen Rundfunk an alle“, wie Anke Keller, die Kuratorin der Schau, erläutert.

Programm für die Soldaten in den Schützengräben

So übertrug der Telefunken-Direktor Hans Bredow (1879–1959) schon lange vor der offiziellen Geburtsstunde des Radios beim Einsatz an der Westfront 1917 – damals illegal – ein unterhaltsames Programm für die Soldaten in den Schützengräben. „Ich hatte ein kleines Team: Ein Funker sang sehr gut, einer spielte Geige und einer Handharmonika . . . ich las aus Zeitungen vor“, schildert Bredow an einer der nostalgischen Hörstationen der Ausstellung. Als Staatssekretär sollte er nach dem Krieg eine treibende Kraft für den Aus- und Aufbau des Funkwesens werden. Allerdings waren die Apparate teuer in den Anfangsjahren, die Rundfunkgebühren hoch. Wer konnte, bastelte selbst ein Gerät und hörte schwarz. So oder so war der Empfang meist schlecht und die Bedienung der Apparate schwierig.

Doch das neue Medium faszinierte. Und kaum war es da, gab es auch schon nicht nur Konzertübertragungen, sondern Livefußball, Kochtipps und Gymnastik aus dem Radio.

Zur Illustration der 100-jährigen, rasanten Geschichte präsentiert das Technoseum erstmals die ganze Fülle seiner eindrucksvollen historischen Geräte, die das Museum 2014 vom Deutschen Rundfunkarchiv und dem ehemaligen Südwestrundfunk übernommen hat. Von den ersten Elektronenröhren geht es über eine Parade von Volksempfängern zur Verbreitung der Reden Adolf Hitlers bis zum bundesdeutschen Pantoffelkino. Da gibt es dann Schimanskis Jacke und Mutter Beimers Bademantel, ein Wiedersehen mit den Helden der „Sesamstraße“ oder der „Sendung mit der Maus“ – selbstverständlich im Original.

Danach ist Schluss mit der Gemütlichkeit: Ein eigener interaktiver Bereich zum Thema Medienkompetenz, Filterblasen und Fake News steht am Ende von – vorerst – knapp 100 Jahren Rundfunkgeschichte.