Erst kamen die Heimvideos, dann folgte der Weltruhm. Mit einer Mischung aus Talent, Selbstbewusstsein und Online-Klicks ist Justin Bieber zum massenhaft bejubelten Popstar aufgestiegen. Nach Jahren der Pubertät scheint er nun schrittweise zu sich selbst zu finden.

Los Angeles - Für Musiker älterer Generationen mag die Videoplattform YouTube ein Gimmick am Rande gewesen sein, aber für Popstar Justin Bieber fing dort alles an. Frühe Heimvideos und die Aufnahme eines Gesangswettbewerbs markierten den Start in ein Leben als Teenie-Schwarm und in eine steile Karriere, der heute Millionen folgen. Und Weltstar „The Biebs“, der am 1. März gerade einmal 25 Jahre alt wird, hat noch viel vor sich.

 

Wer den lässig auftretenden, komplett tätowierten Sänger an der Seite von Model Hailey Baldwin heute beobachtet, wird ihn in dem blonden Jungen aus den pixeligen Videos von vor mehr als zehn Jahren kaum wiedererkennen. Chris Browns „With You“ singt er da zum Beispiel auf einem Sofa, hinter ihm hängen Poster von Rapper Tupac und Zeichentrickfigur Bart Simpson. Vor laufender Kamera scheint sich dieser zwölf oder dreizehn Jahre alte Junge aus der kanadischen Kleinstadt London in der Provinz Ontario noch etwas zu schämen, aber R&B-Titel singt er mit Leidenschaft.

Wie alles begann

Scooter Braun hieß der Agent, der laut eigener Aussage versehentlich auf eines dieser Videos klickte, das Talent erkannte und über Biebers Schule Kontakt zur Mutter Pattie Mallette aufnahm. Er holte Bieber für Probe-Aufnahmen nach Atlanta, wo der Junge seinem Idol Usher begegnete. Mit dessen Hilfe hatte der 15-Jährige bald seinen ersten Plattenvertrag beim Label Def Jam unterzeichnet und zog mit seiner Mutter, die sich allein um ihn kümmerte, nach Atlanta.

„Ein Jahr später hat das Baby, das ich gewindelt habe, im Madison Square Garden gespielt und für den Präsidenten der Vereinigten Staaten gesungen. Es ist verrückt“, sagte Mallette der „New York Times“ im Jahr 2010. In dem Jahr war Bieber in der berühmten New Yorker Veranstaltungshalle mit Usher und Miley Cyrus aufgetreten und hatte an Weihnachten für Präsident Barack Obama und dessen Familie in Washington gesungen. Und das war erst der Anfang.

Dank YouTube zum Star

Biebers erste Single „One Time“ und die EP „My World“ waren da schon auf dem Markt. Zusammen mit dem Album „My World 2.0“ samt der Single „Baby“ mit Rapper Ludacris platzierte Bieber sich mit glänzendem, schwungvollen R&B-Gesang im Herzen des westlichen Mainstream-Pop. Und hatte YouTube Bieber erst bekannt gemacht, wurde das Portal auch weiterhin zum Gradmesser seiner Erfolge: „Baby“ wurde 2011 das erste Video, das mehr als 500 Millionen Klicks erreichte.

Twitter, TV-Auftritte und Skandale halfen, aus der Bühnenfigur Bieber zugleich einen Klatsch-Promi erster Güteklasse zu machen. Der Junge mit den rehbraunen Augen pubertierte vor der versammelten Weltöffentlichkeit - mit Zugriff auf Geldsummen, von der viele Erwachsene nur träumen. Die Schlagzeilen drehten sich um Alkohol, teure Autos, die Klage einer Frau über seine angebliche Vaterschaft und Nachbarn, auf deren Haus er Eier geschmissen haben soll.

Tiefer Glaube

Genau solch ein Leben hatte Biebers religiöse Mutter wohl nicht im Sinn, die laut eigener Aussage eigentlich auf ein „christliches Label“ gehofft hatte. Aber auch Bieber nennt Gott als „Grund, warum ich hier bin“ - und hat sich mehrere Tattoos mit religiöser Symbolik stechen lassen. Ein bisschen erwachsen werden musste er nach geschmacklosen oder gar rassistischen Witzen trotzdem.

Gelungen scheint ihm das nach der Verlobung mit dem 22 Jahre alten Model Hailey Baldwin. Die ewigen Paparazzi scheinen die beiden Turteltauben kaum noch zu bemerken. Das Aus mit Ex-Freundin Selena Gomez - die beiden waren zwischen 2011 und 2014 immer wieder ein Paar - ist anscheinend verdaut, Baldwin nennt der Sänger nun die „Liebe seines Lebens“. US-Medien spekulieren, ob die beiden sich möglicherweise sogar schon trauen ließen und zu Biebers Geburtstag am 1. März erneut heiraten wollten.

Unfassbares Vermögen

In die Sphären der superreichen Musiker ist Bieber mit einem geschätzten Vermögen von 265 Millionen Dollar (234 Mio Euro) längst vorgedrungen (Rapper Jay-Z liegt laut „Forbes“-Schätzungen bei 900 Millionen Dollar). Nach den Hits „Boyfriend“ und „Where Are Ü Now“, für den er mit Diplo und Skrillex seinen ersten Grammy gewann, ist Bieber auch auf YouTube wieder ganz oben angekommen: Sein Megahit „Despacito“ mit Luis Fonsi und Daddy Yankee wurde 2018 das erste Video, das die Marke von fünf Milliarden Klicks erreichte.

Nach zehn Jahren Höhenflug über vier Alben blickt Bieber dieser Tage vor allem nach innen und denkt über „Charakter-Zeug“ nach, wie er der „Vogue“ vor einigen Wochen sagte. Statt Musik wolle er darüber nachdenken, ein guter Mensch und guter Ehemann zu sein. Bei seinem Erfolg ab dem Alter von 13 Jahren habe er kaum Gelegenheit gehabt, sich selbst zu finden. „Wenn man so versunken ist im Musik-Business, verliert man das in gewisser Weise aus dem Blick.“