Die Diplom-Chemikerin Yanjie Pang bietet in ihrer Teestube in der Hackstraße in Stuttgart-Ost viele Teesorten und Heilkräuter an, denen ganz unterschiedliche heilsame Wirkungen nachgesagt werden.

Mit Milch, Zucker oder klassisch schwarz, zuhause, im Büro oder „to go“ – die Deutschen lieben ihren Kaffee wie kein anderes Getränk. Mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von etwa 150 Litern pro Jahr ist das Heißgetränk sogar beliebter als Wasser oder Bier. Ohne den Koffein-Kick am Morgen werden viele erst gar nicht richtig wach. Das Lieblingsgetränk der Deutschen bringt zwar einen raschen Effekt, doch die Wirkung ist nur von kurzer Dauer.

 

Das Koffein im Tee braucht länger und wirkt länger

Das weiß auch Yanjie Pang, die sich seit vielen Jahren morgens einen grünen Tee zum Wachwerden aufbrüht. „Das im Tee enthaltene Koffein braucht zwar länger, um in den Organismus zu gelangen, dafür hält die Wirkung länger an als beim Kaffee“, sagt Yanjie Pang. Die Chinesin weiß, wovon sie spricht: Als Chemikerin kennt sie die Zusammensetzung und Wirkstoffe vieler Teesorten. Ein Übriges tut ihre Herkunft aus China, dem Mutterland des Teeanbaus.

Die chinesische Teekultur ist über 2000 Jahre alt und damit weltweit die älteste. Vor nicht allzu langer Zeit ist Tee noch ausschließlich als Heilmittel verwendet worden. Auch Yanjie Pangs Urgroßvater, ein angesehener Mediziner, konnte vielen seiner Patienten mit heilenden Teekräutermischungen helfen. Die Diplom-Chemikerin Yanjie Pang hat sich ebenfalls für diesen Lebensweg entschieden.

Drei Jahre lang hat sie Kräuter- und Teesorten erforscht

„Ich wollte etwas machen, womit ich anderen Menschen sinnvoll helfen kann“, sagt sie. 2012 eröffnete sie ihre Teestube in der Hackstraße 30 und verkauft dort seither unzählige Teesorten und Heilkräuter. Bevor Pang mit ihrem kleinen Geschäft an den Start ging, erforschte sie drei Jahre lang Kräuter- und Teesorten. Die Wirkweise und Anwendungsgebiete der Kräuter hat die Chinesin handschriftlich dokumentiert und in einem dicken Ordner abgeheftet. Als Nachschlagewerk benötigt sie den Ordner kaum, sie kennt ihre Kräuter inzwischen in- und auswendig.

Bevor eine Sorte in den Verkauf geht, testet Pang die Wirkstoffe zunächst an sich selbst. „Als Naturwissenschaftlerin fällt mir das nicht schwer“, sagt sie. Yanjie Pang ist überzeugt davon, dass für jedes Wehwehchen ein Kraut gewachsen ist. Der griechische Bergtee, den sie zum Gespräch anbietet, soll beruhigend und aufmunternd wirken. „Ein Gute-Laune-Tee, der auch bei leichten Depressionen sehr gut hilft“, erklärt sie. Depressionen? „Vielleicht haben Sie schlecht geschlafen“, stellt sie mit wachem Blick fest.

Nicht jedes Wunderkraut schmeckt auch lecker

Pang selbst schlürft einen Tee aus Jiaogulankraut-Blättern, in China auch das „Kraut der Unsterblichkeit“ genannt. Laut Pang besitzt das Kraut ungeahnte Kräfte. Bei zwei bis drei Tassen pro Tag wirkt die Pflanze adaptogen, das heißt, sie ist ausgleichend und passt sich den Bedürfnissen des jeweiligen Trinkers an. „Ein zu hoher oder niedriger Blutdruck wird reguliert, das Herz und das Immunsystem gestärkt, der Cholesterinspiegel und die Blutfettwerte werden gesenkt“, schildert Pang. Die enthaltenen Antioxidantien sollen zudem vor vorzeitiger Alterung und krebsauslösenden Faktoren schützen, ausgleichende Saponine erhöhen die Stressverträglichkeit des Konsumenten. Der Geschmack des Wunderkrauts, lakritzartig mit einer herben Note, ist jedoch gewöhnungsbedürftig. „Aber es hilft“, sagt Pang, der man das Alter von 47 Jahren nicht ansieht. „Mir ist in erster Linie die Heilwirkung der Teesorten wichtig“, sagt sie. Der Geschmack sei zweitrangig. Dennoch achtet sie darauf, dass die Tees ihrer Kundschaft auch munden. Aus diesem Grund dürfen Interessierte für drei Euro eine große Tasse frisch aufgebrühten Tee zuvor testen.

Von Superstar bis Roter Drache

„Ich höre mir die Beschwerden ganz genau an, bevor ich einen Tee empfehle“, sagt Pang. In Konkurrenz mit Ärzten will sie nicht treten. „Die heilende Wirkung der Kräuter ist als ergänzende Therapie und nicht als Ersatz für Medikamente gedacht“ so Pang. Die Mischungen, viele in Bio-Qualität, bezieht Pang aus aller Welt. Namen wie „Superstar“, „Roter Drache“, „Schietwettertee“, „Nebel- und Wolkentee“ lassen einen in fantasievolle Welten eintauchen.

Kann man nach dem Genuss einer Tasse „Superstar“ denn die Bühnen der Welt erobern? „Nein“, sagt Pang und lacht. „Ein schlechter Sänger bleibt immer ein schlechter Sänger, aber der Tee hilft, sich dabei trotzdem wie ein Star zu fühlen!“