Der Arzt am Bildschirm: per Telemedizin können Mediziner aus Ludwigsburg ihr Wissen mit Kollegen in anderen Häusern teilen. So sollen die Patienten besser versorgt werden.

Ludwigsburg - Wenn Monica Bürle nach einigen ihrer Patienten schauen will, schaltet sie den Fernseher ein. Auf dem Bildschirm sieht die Oberärztin des Ludwigsburger Klinikums dann etwa einen älteren Herrn im Bett liegen, um ihn herum Maschinen, Infusionen – und zwei ihrer Kollegen aus Mühlacker. Das Stationszimmer, das Bürle auf dem Monitor sieht, ist nämlich im Enzkreis, während sie in der Ludwigsburger Oststadt sitzt.

 

Für Jörg Martin, Chef der regionalen Klinikenholding RKH, ist die Telemedizin, so der Fachbegriff für die Visite per Videoschaltung, ein wichtiger Baustein für die Zukunft seiner Krankenhäuser. „Skype kennt jeder, und dann könnte man meinen, die Telemedizin sei unspektakulär. Ist sie aber nicht“, sagt Martin. Für ihn ist sie vielmehr ein wichtiger Schritt. Medizinisches Wissen sei so an verschiedenen Orten nahezu gleichzeitig verfügbar, Spitzenmedizin könne damit auch in kleineren Häusern praktiziert werden, Ärzte aus spezialisierten Fachrichtungen könnten mehrere Standorte abdecken. In Anbetracht steigender Patientenzahlen, unter ihnen viele Ältere, und einer zunehmend schlechteren medizinischen Versorgung auf dem Land biete die Telemedizin viele Lösungen für die aktuellen Probleme in der Krankenhauslandschaft, ist Martin überzeugt.

Seit Anfang Oktober nehmen Monica Bürle und ihre Kollegin Sabine Gfrörer einmal in der Woche vor den Bildschirmen Platz. Sie verfolgen dann die Visite auf der Intensivstation in Mühlacker. Auf einem zweiten Monitor können sie sämtliche Daten zu den Patienten sehen, welche Untersuchungen wann gemacht wurden und welches Ergebnis sie brachten. Vor Ort ziehen die Mediziner Andreas Frost und Ralph Brunner einen kleinen Wagen hinter sich her. Darauf ist eine hochauflösende Kamera montiert. Über Mikrofon und Bild können sich die vier Mediziner über jeden Patienten austauschen, Medikamente und Werte besprechen.

Bislang funktioniert das System nur innerhalb des Unternehmens

So praktisch die Televisite auch sei: den direkten Blick, das Anfassen und Fühlen des Patienten, könne sie nicht ersetzen, sagt Martin. Deshalb sei es so wichtig, dass an beiden Enden den Leitungen erfahrene Ärzte sitzen würden.

Den Schritt in die Zukunft lässt sich die RKH einiges kosten. 20 000 Euro waren für jeden der Video-Wagen fällig, die Ausstattung des Raums in Ludwigsburg schlug mit 50 000 Euro zu Buche. Teuer ist vor allem die technische Infrastruktur, die hinter der Videoschaltung steckt. Datensicherheit und stabile Leitungen sind für die Diagnose aus der Ferne besonders wichtig. Die Standorte der Holding sind über Glasfaserkabel verbunden, des Netzwerk innerhalb des Unternehmens ist geschlossen und nicht für Dritte zugänglich. Ein Hackerangriff ist aus Sicht der Klinik nahezu ausgeschlossen, auch wenn der Geschäftsführer Martin zugibt: „Komplette Sicherheit kann man nicht garantieren.“

Neben Mühlacker ist inzwischen auch die Tagesklinik in Vaihingen an der Enz angebunden, weitere Häuser des regionalen Verbundes sollen bald folgen. Doch auch von außerhalb der Holding gibt es Interesse: Das Diakonie-Klinikum Schwäbisch Hall möchte künftig ebenfalls von Ärzten auf der Leinwand besucht werden. „Wir werden das immer weiter ausrollen“, kündigt Jörg Martin an.