Die Rivalität zwischen Novak Djokovic und Roger Federer ist ja auch das markanteste Merkmal im Männertennis.
Es sind zwei verschiedene Charaktere, die da aufeinandertreffen. Das macht den Reiz aus, die Spannung, den Thrill. Es ist Schwarz gegen Weiß, aber nicht Gut gegen Böse. Ich habe oft Prügel bekommen, weil ich angeblich etwas gegen Roger gesagt habe. Dabei habe ich in Wahrheit nur Position pro Novak bezogen. Es ist verrückt, dass die Leute das nicht begreifen: Ich gehöre zum Team Djokovic, ich habe mich um seine Erfolge zu kümmern.
Vermutlich hat Federer das selbst am besten verstanden.
Absolut. Es gibt auch gar keine Probleme mit Roger. Wir sehen uns jede Woche in der Umkleidekabine, geben uns die Hand. Meine Familie und ich haben Riesenrespekt vor seiner Lebensleistung. Aber ich habe einen Job, in dem es um die Frage geht: Wie kann ich ihn schlagen?
Sind Sie heute, als erfolgreicher Trainer, glücklicher als vor zwei Jahren?
Nein, ich war damals auch glücklich. Ich mache Glück nicht abhängig von beruflichen Erfolgen. Bei mir geht die Gleichung eher andersrum: Bin ich privat und mit meiner Familie im Reinen, kann ich gut arbeiten. Und das war 2013 nicht anders als 2016.
Die gängigste These zum Trainer Becker lautet: Er ist wieder bei sich angekommen. Im Tennis, wo er sich am besten auskennt.
Die wenigsten wissen doch, was in meinem Leben passiert, heute wie vor 30 Jahren. Deshalb gibt es auch immer wieder die unmöglichsten Theorien zu Boris Becker – was er warum tut. Zum Thema Becker wird nur in Extremen gedacht, es gibt keine Grauzone. Wieder im Tennis angekommen? Nein, ich war ja nie weg. Ich habe halt nur aufgehört, Tennisspieler zu sein. Ich habe als Experte und Kommentator gearbeitet.
Aber füllt Sie die Arbeit im Tennis mehr aus als andere berufliche Projekte?
Mein Leben wäre ärmer gewesen, wenn ich nicht andere Herausforderungen angenommen hätte. Ich habe vieles probiert, vieles hat auch geklappt, anderes nicht. Wem geht das nicht so? Nur wird das bei Boris Becker gleich zum Drama gemacht, zum Scheitern überhaupt. Wie gesagt: es gibt nur Triumph oder Tragödie. Aber ich bereue nichts, denn was wäre die Alternative gewesen: Ab 32 Jahren und dem Karriereende nur noch die Legende sein. Ich bin nicht zum Grüßaugust geboren.
Was kann als Trainer noch kommen, wenn man die Nummer eins trainiert hat?
Tennis ist ein Geschäft des Gewinnens. Wir, Novak, das Team und ich, waren da sehr erfolgreich. Und deshalb wollen wir alle auch noch gern weitermachen, denke ich.
Wird es den Trainer Becker nach dem Job bei Djokovic noch geben?
Ich hatte davor andere Anfragen. Aber ich habe das abgelehnt, weil es ein sehr reisenintensiver Sport ist, weil ich es selbst 20 Jahre gemacht habe. Bei der Nummer eins konnte ich nicht Nein sagen, weil ich wusste, was für ein Typ Spieler er ist: einer, der alles fürs Tennis gibt. Motivation, Leidenschaft, Intelligenz – er ist perfekt. Mit ihm lohnt sich jede Minute. Ich weiß nicht, ob es eine ähnliche Partnerschaft noch einmal geben könnte. Ich werde ja auch nicht jünger, möchte mehr Zeit mit der Familie verbringen. Ich sehe meine Kinder und meine Frau schon jetzt zu wenig.