Nach einer Autobombenattacke mit Dutzenden Toten ist die irakische Hauptstadt Bagdad am Mittwoch von einem weiteren Anschlag erschüttert worden.

Bagdad - Bei Anschlägen in der irakischen Hauptstadt Bagdad sind am Mittwoch mehr als 85 Menschen getötet worden. Einer der drei Sprengsätze sei am Morgen auf einem Markt im Schiiten-Viertel Sadr City explodiert, die beiden anderen am Nachmittag in den Stadtteilen Chadhimija und Dschamija, teilte die Polizei mit. Allein bei der ersten Attacke, zu der sich die sunnitische Terrormiliz Islamischer Staat bekannte, habe es 63 Tote und bis zu 85 Verletzte gegeben.

 

Für Bagdad war es der blutigste Tag seit Monaten. Zuletzt hatte eine Anschlagsserie des IS in Sadr City im Februar mit 73 Toten ähnlich viele Opfer gefordert. Beobachter werteten die Attacken auch als deutliches Zeichen dafür, dass der IS trotz seiner jüngsten Verluste auf dem Schlachtfeld nach wie vor zu verheerenden Anschlägen im Irak in der Lage ist.

Gut besuchter Markt

Ziel des Anschlages in Sadr City war ein gut besuchter Freiluftmarkt, einer der vier größten in dem Viertel, in dem 2,5 Millionen Menschen auf engem Raum zusammenleben. Das ist mehr als ein Drittel der Gesamtbevölkerung Bagdads. Am Anschlagsort waren völlig zerstörte Autowracks, Trümmer von zerbombten Häuserfassaden und Blutlachen zu sehen. Ein Lebensmittelhändler sagte der Nachrichtenagentur AP, der Sprengsatz sei auf einem mit Obst und Gemüse beladenen Lieferwagen versteckt gewesen. Der Fahrer sei vor der Explosion ausgestiegen und rasch in der Menge verschwunden.

Auch am zweiten Anschlagsort, in Chadhimija im Nordwesten Bagdads, leben mehrheitlich Schiiten. Dort habe ein Selbstmordattentäter sein mit Sprengstoff beladenes Auto vor einer Polizeiwache zur Explosion gebracht, hieß es von der Polizei. Unter den 18 Toten waren demnach fünf Polizisten. In Dschamija im Norden der Hauptstadt explodierte ebenfalls eine Autobombe und riss sieben Menschen in den Tod. Mehr als 50 weitere wurden bei beiden Anschlägen verletzt.

Auch diese beiden Anschläge trugen die Handschrift des IS. Ein Bekennerschreiben lag zunächst aber nur zu der Attacke in Sadr City vor. Ziel sei dort eine Versammlung von Milizionären gewesen, hieß es auf einer extremistischen Webseite. Allerdings behauptete der IS, ein Selbstmordattentäter habe den Anschlag verübt, was die Behörden abstritten.

Hochburg schiitischer Prediger

Sadr City ist eine Hochburg der Anhänger von Muktada al-Sadr, einem schiitischen Prediger, der als einer der schärfsten Gegner der Regierung von Ministerpräsident Haidar al-Abadi gilt. Seit Monaten halten Al-Sadrs Anhänger Proteste und Sitzstreiks für eine Reform des politischen Systems im Irak ab. Vergangene Woche stürmten sie auch das streng abgeriegelte Regierungsviertel - die sogenannte Grüne Zone. Al-Sadr befehligt zudem eine eigene Schiiten-Miliz, die früher unter dem Namen Mahdi-Armee die US-Soldaten bekämpfte und nach dem Vormarsch des IS 2014 als Friedensbrigaden wiederbelebt wurde.

Der IS sieht Schiiten als Ungläubige an. Die Extremisten kontrollieren trotz einiger Erfolge des irakischen Militärs weiter große Teile im Norden und Westen des Landes, darunter seit Juni 2014 auch Mossul, die zweitgrößte Stadt des Landes.