Ein neuerlicher tödlicher Anschlag im russischen Wolgograd schürt die Sorge um die Sicherheitslage vor den Olympischen Winterspielen im Februar. In der Großstadt sprengte sich ein Selbstmordattentäter in einem Bus in die Luft. Mindestens 14 Menschen wurden getötet.

Wolgograd - Auf insgesamt 33 Todesopfer und 68 Verletzte hat sich die Schreckensbilanz von Wolgograd inzwischen summiert. Dem Anschlag auf den Hauptbahnhof der südrussischen Stadt mit 17 Toten folgte Montag früh ein weiteres Attentat. Ziel war dieses Mal ein Bus. Die gewaltige Explosion geschah im morgendlichen Berufsverkehr kurz vor 8.30 Uhr Ortszeit in einem Bus der Linie 15A, als dieser gerade in der Nähe des Stadtzentrums unterwegs war. Durch die Wucht wurde der hintere Teil des Busses zerfetzt. Dem russischen Gesundheitsministerium zufolge starben in dem Fahrzeug 14 Menschen, 28 weitere wurden verletzt.

 

„Ich habe erst gar nicht verstanden, dass das ein Bus ist, so zerstört war er“, sagte eine Augenzeugin im russischen Fernsehen. Aus Angst vor weiteren Anschlägen verzichteten viele Wolgograder darauf, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, wie russische Medien berichteten. Bereits Ende Oktober hatte zudem eine Selbstmordattentäterin in einem Bus in Wolgograd mit einer Bombe sechs Insassen und sich selbst getötet. Mehrere Abgeordnete forderten als Reaktion auf die Anschläge die Wiedereinführung der Todesstrafe für Terroristen. Dies wiesen Bürgerrechtler zurück. „Hysterische Aufrufe helfen nicht weiter“, sagte der Menschenrechtsbeauftragte der Regierung, Wladimir Lukin. Russland hatte die Todesstrafe 1997 per Moratorium ausgesetzt.

Den Zeitpunkt für das Verbrechen perfekt gewählt

Die Attentäter, sagte ein Veteran der auf Terrorismusbekämpfung spezialisierten Sondereinheit Alfa, hätten den perfekten Zeitpunkt für die Verbrechen gewählt. Neujahr sei der wichtigste Feiertag in Russland, die Menschen seien mit Festvorbereitungen befasst und ständig unterwegs, die Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte, so der Alfa-Veteran, lasse dann nach. Dazu komme, dass Kreml und Geheimdienste offenbar der eigenen Propaganda erlagen, wonach der Terrorismus in Russland besiegt sei. Immerhin weisen auch einschlägige Statistiken in den letzten Jahren eine abfallende Tendenz auf.

Die „Trendwende“ kommt allerdings zur Unzeit: Anfang Februar beginnen in Sotschi die Olympischen Winterspiele. Zwar befand der Chef des Nationalen Olympischen Komitees, Alexander Schukow, die Sicherheitsmaßnahmen, die dort zum 7. Januar in Kraft treten, für ausreichend. Weitere seien nicht erforderlich, sagte er der Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Allerdings ordnete Präsident Wladimir Putin nach dem Attentat umgehend landesweit verschärfte Sicherheitsvorkehrungen an, wie das Nationale Antiterrorkomitee mitteilte.

Schwierige Suche nach den Attentätern

Putin sandte seinen Inlandsgeheimdienstchef Alexander Bortnikow nach Wolgograd – dem ehemaligen Stalingrad. Er soll die Ermittlungen vor Ort koordinieren und vor allem vorantreiben, denn bis jetzt herrscht zu Tätern und Motiven noch einige Unklarheit. Bei dem Anschlag auf den Bahnhof am Sonntag war zunächst von einer „Schwarzen Witwe“ aus dem Nordkaukasus die Rede. Das Staatsfernsehen zeigte sogar eine Reportage über den Polizisten, der die Terroristin angeblich zu stoppen versuchte und dafür mit dem eigenen Leben bezahlte. Doch schon kurz danach war alles ganz anders. Unter dringendem Tatverdacht steht nun „ein junger Mann mit slawischem Aussehen, der eventuell auf den Vornamen Pawel“ hört, wie der Sprecher der Ermittlungsbehörde bei der Staatsanwaltschaft Radio Echo Moskwy sagte. Ein beringter Männerfinger, den Fahnder am zerstörten Gepäck-Scanner fanden, sei womöglich ihm zuzurechnen.