Die Polizeigewerkschaft klagt, Polizisten seien auf mögliche Terrorakte ungenügend vorbereitet. Zumindest Spezialeinheiten müssten aber gegen mit Kalaschnikows bewaffnete Terroristen gerüstet sein.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Die religiös motivierten Anschläge von Kopenhagen und die Absage des Braunschweiger Karnevalsumzugs am Sonntag wegen Hinweisen auf einen möglichen Terrorakt haben die Sicherheitsdebatte in Deutschland neu entfacht. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) beklagt eine ungenügende Vorbereitung der Beamten auf mögliche islamistische Attentate. „Auch im Sinne der Eigensicherung wäre es notwendig, unsere Leute viel besser zu schulen“, sagte der Vorsitzende Rainer Wendt der Stuttgarter Zeitung. „Wenn sie aber in den Dienstgruppen und Hundertschaften von Einsatz zu Einsatz hetzen, können die Polizisten nicht, was erforderlich wäre, alle drei Monate ein Verhaltenstraining absolvieren.“

 

Auch die Ausstattung müsse angepasst werden. „Wir werden nicht jeden Streifenpolizisten so ausstatten können, dass er es mit einem Kalaschnikow-Kämpfer aufnehmen kann, und wir können auch nicht die Streifenwagen panzern“, so Wendt. Zunächst müssten die Spezialeinheiten so ausgerüstet werden, dass sie gewappnet seien – selbst dies sei nicht gewährleistet. Folglich mache sich Unsicherheit breit. „Die Kollegen sagen: Wir wissen, dass uns möglicherweise mal so eine Situation erwartet, fühlen uns aber alleingelassen.“

Es gebe aber kein Erkenntnisproblem, sondern ein Kapazitätsproblem. „Der Gesetzgeber hat gute Gesetze gemacht und auch die Organisationsstruktur verbessert, er ist aber nicht bereit, Geld für mehr Ausrüstung und Personal auszugeben“, betonte der Gewerkschaftschef. Jetzt räche sich, dass in der Vergangenheit trotz zusätzlicher Aufgaben Planstellen abgebaut worden seien. Beispielhaft berichtet er von den Fallkonferenzen der Polizei mit Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst. Dabei wird erwogen, ob ein Syrien-Rückkehrer abgehört oder rund um die Uhr verfolgt werden muss – oder ob eine „Verbleibskontrolle“ einmal pro Woche ausreicht. Wegen der wachsenden Zahl von „Gefährdern“ mehren sich die Fallkonferenzen, sodass immer mehr Kräfte aus den Staatsschutzkommissariaten der Länder abgezogen würden.

Einige Länder haben schon reagiert

In einigen Ländern seien die Innenminister in der Lage, ihren Finanzministern klarzumachen, dass man etwas tun müsse. So hat Grün-Rot in Baden-Württemberg ein Paket zur Terrorbekämpfung geschnürt, das die Schaffung von 131 Stellen bei Polizei, Justiz und Verfassungsschutz vorsieht. Wendt zufolge richten auch Bayern und Nordrhein-Westfalen neue Stellen ein. In Sachsen sei der Personalabbau gestoppt, in Brandenburg gebremst worden. „Da ist eine Trendwende erkennbar – auch wenn das noch alles viel zu wenig ist.“