Im Prozess gegen mutmaßliche Terrorhelfer am Oberlandesgericht haben die drei Angeklagten am Freitag Haftstrafen erhalten. Der Hauptbeschuldigte Ismail I. (25) aus Stuttgart muss für viereinhalb Jahre ins Gefängnis.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuttgart - Im Prozess gegen mutmaßliche Terrorhelfer am Oberlandesgericht haben die drei Angeklagten, die vor anderthalb Jahren eine islamistische Gruppierung in Syrien unterstützt haben, am Freitag Haftstrafen erhalten. Der Hauptbeschuldigte Ismail I. (25) aus Stuttgart muss wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation im Ausland für viereinhalb Jahre hinter Gitter. Er gehörte der Terrorgruppe Jamwa an, die dem Islamischen Staat (IS) nahe steht, der seit 2013 in Nordsyrien mit brutalen Mitteln versucht, ein Kalifat zu errichten, in dem das Rechtssystem der Scharia gilt. Die zwei weiteren Angeklagten wurden hingegen wegen der Unterstützung dieser Gruppierung verurteilt: Ismails Bruder Ezzedine I. (34), der ebenfalls aus Stuttgart kommt, erhielt eine Haftstrafe von drei Jahren. Mohammed A. (38), ein Bekannter der Brüder aus Mönchengladbach, muss für zwei Jahren und neun Monate hinter Gitter.

 

Trio ging den Ermittlern im Herbst 2013 ins Netz

Das Trio war den Ermittlern vor anderthalb Jahren ins Netz gegangen. Der Hauptbeschuldigte und der Mönchengladbacher hatten sich am 13. November 2013 in Stuttgart um 20.45 Uhr in einem alten Ford Focus auf den Weg nach Nordsyrien gemacht. Mit im Gepäck hatten sie neben mehreren Tausend Euro vor allem Ausrüstungsgegenstände für die Jamwa-Kämpfer, darunter Kampfkleidung, Medikamente und medizinische Geräte und zwei Nachtsichtgeräte. Weit kamen die beiden Männer nicht. Knapp anderthalb Stunden später wurden sie auf der Autobahn in Richtung München an der Autobahnraststätte Gruibingen festgenommen. Die Männer waren schon längere Zeit im Visier der Ermittler gewesen und rund um die Uhr observiert worden. Der Verkäufer eines der beiden Nachtsichtgeräte, das mehr als 4000 Euro gekostet hatte, war misstrauisch geworden und hatte die Polizei verständigt.

In ihrem Urteil kamen die Richter zum Schluss, dass sich der Libanese Ismail. I spätestens Anfang 2013 entschieden hatte, sich dem bewaffneten Kampf der Jamwa anzuschließen. Nach einer Mekka-Reise im Sommer darauf habe der Stuttgarter seinen Job als Lagerarbeiter gekündigt und sei zu einer mehrwöchigen Kampfausbildung nahe der syrischen Stadt Aleppo gereist. Dort habe Ismail I. auch den Umgang mit Waffen geübt. Mindestens einmal sei er danach an der Front in Kämpfe verwickelt gewesen. Danach habe er an einem Checkpoint Dienst geschoben und sich um die Verpflegung der 100 Mann starken Kampfgruppe gekümmert, der er angehörte, so die Richter. Im Auftrag von Jamwa sei er danach nach Stuttgart zurückgekehrt, um Geld aufzutreiben und Ausrüstung zu kaufen.

Splitterweste bei Festnahme auf der Autobahn entdeckt

Der Deutsch-Afghane Mohammed A. hingegen habe hingegen erst beabsichtigt, sich der Jamwa anzuschließen. Dafür habe der 38-Jährige seinen Job als Fahrlehrer gekündigt und sein Girokonto aufgelöst, nachdem er seine letzten 1600 Euro abgehoben habe, so die Richter. Zudem habe der Mann den Wagen für die Fahrt nach Syrien zugelassen. Und in dem Auto sei auch die Splitterschutzweste des 38-Jährigen gewesen. Der dritte Angeklagte Ezzedine I. wurde verurteilt, weil er nach der Aufforderung seines Bruders mehr als 10 000 Euro für die Unterstützung der Jamwa organisiert und Ismail I. übergeben hatte.

Im Prozess hatten alle drei Männer die Vorwürfe von sich gewiesen: Ismail I. behauptete, er sei für humanitäre Hilfe in das Krisengebiet gereist und durch unglückliche Umstände in die Fänge der Terrororganisation geraten. Sein Bruder sagte aus, dass er Ismail I. kein Geld gegeben habe. Und Mohammed A. beteuerte, dass er in die Sache „hineingeraten“ sei.

Mit dem Hauptbeschuldigten Ismail I. ist nun erstmals ein islamistischer Terrorhelfer aus Baden-Württemberg verurteilt worden, der aus Syrien zurückgekehrt ist. Weitere Prozesse gegen Mitglieder und Unterstützer des Islamischen Staats sind wahrscheinlich. Gegenwärtig ermitteln die Behörden in Württemberg gegen elf Verdächtige. Die Staatsanwaltsschaft Stuttgart rüstet sich bereits für viele neue Islamismusfälle. Durch eine verschärfte Gesetzeslage, die für den Sommer erwartet wird, wird es leichter, gegen mögliche Dschihadisten zu ermitteln. Die Staatsanwaltschaft bekommt dafür zwei weitere Stellen.