Mehr als 1000 Islamisten aus Deutschland hatten sich der Terrormiliz „Islamischer Staat“ angeschlossen. Wie umgehen mit Rückkehrwilligen? Die Bundesregierung hat dafür noch kein Konzept.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Stuttgart - Wenn US-Präsident Donald Trump in der Bundesrepublik das Sagen hätte, würde er anordnen, dass Terrortouristen, die im Nahen Osten für den „Islamischen Staat“ gekämpft haben und dort gefangen wurden, allesamt in Deutschland abgeurteilt werden. Entsprechend hatte er sich vor Wochen geäußert. Die Bundesregierung hat dagegen noch keine klare Strategie für den Umgang mit IS-Kämpfern, die im Irak und in Syrien gefangen sind. An diesem Mittwoch will das Kabinett die gesetzliche Möglichkeit schaffen, solche Terrorsöldner auszubürgern, sofern sie neben der deutschen eine weitere Staatsbürgerschaft besitzen. Das soll aber nicht rückwirkend gelten.

 

In zwei Antwortschreiben auf Anfragen der Grünen und der Linksfraktion im Bundestag hat die Regierung erstmals genaue Zahlen genannt zu deutschen IS-Anhängern und deren Familienangehörigen, die sich im Nahen Osten in Haft befinden. In Syrien sind es 61 Personen, im Irak elf. Dazu kommen vier Personen, die in der Türkei und in Griechenland inhaftiert sind. 43 dieser Gefangenen sind Frauen.

59 Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit in Syrien

Nach Auskunft der Bundesregierung befinden sich zudem mindestens 59 Kinder in Syrien, die mutmaßlich die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Im Irak seien die Behörden über weitere drei Kinder von IS-Anhängern mit deutschem Pass informiert. Dort unterstütze die Bundesregierung Bemühungen der Mütter und ihrer Angehörigen in Deutschland zu einer Rückführung der Kinder in die Bundesrepublik. In Syrien, so die Auskunft der Regierung, sei dies nicht möglich. Da die deutsche Botschaft geschlossen ist, sei eine konsularische Betreuung deutscher Staatsangehöriger nicht zu leisten.

Die Bundesregierung bemühe sich aber unabhängig davon in Zusammenarbeit mit ihren Partnern um „mögliche Optionen zur Rückführung deutscher Staatsangehöriger“ in die Bundesrepublik. Dabei gehe es vor allem auch um humanitäre Fälle. Inwiefern eine Rückführung machbar sei, lasse sich im Moment noch nicht bewerten.

30 Ermittlungsverfahren gegen ausgereiste Islamisten aus Deutschland

Gegen 30 der inhaftierten IS-Anhänger sind auch in Deutschland Ermittlungsverfahren anhängig. Gegen 20 Personen, die in Syrien gefangen sind, sowie gegen sieben im Irak wird wegen Mitgliedschaft oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Verfahren wegen Kriegsverbrechen laufen gegen zwei Gefangene in Syrien und einen im Irak.

Insgesamt sind während der vergangenen Jahre mehr als 1050 Islamisten aus Deutschland in Richtung Syrien und Irak ausgereist, um dort für die Terrormiliz „Islamischer Staat“ zu kämpfen. Mehr als die Hälfte besitze die deutsche Staatsangehörigkeit. Jede Zweite dieser ausgereisten Personen befindet sich nach Erkenntnissen deutscher Sicherheitsbehörden noch im Ausland. Eine dreistellige Zahl ist in den Kämpfen umgekommen.