Dass der 11. September untrennbar mit Terror verbunden ist, veranlasst die Polizei in Stuttgart zu einer besonderen Art von Feuerwerk. Auf so eine Schnapsidee muss man erstmal kommen, meint Lokalchef Holger Gayer.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Der Termin als solcher ist eine verflixte Angelegenheit. Einen zu finden, an dem alle Eingeladenen können, gleicht der Fahndung nach dem letzten verbliebenen Platz im Wilhelma-Parkhaus an einem sonnigen Wochenende.

 

Doch es gibt auch glückliche Zufälle. Wie sonst wäre zu erklären, dass es der Bundespolizeidirektion Stuttgart gelungen ist, den einzig richtigen Tag für eine groß angelegte Terrorübung im Hauptbahnhof zu finden? Der 11. September!

Eine Rauchbombe für den authentischen New-York-Effekt?

Mal ehrlich: Passender geht es wirklich nicht. Die Leute sind schon dran gewöhnt, dass an dem Tag die Fetzen fliegen. Sie werden nicht überrascht sein, wenn sie bei der Einfahrt ihres Zuges vermummte, mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizisten erblicken, die vermummte, mit Sprengstoffgürteln ummantelte Terroristen jagen. Eine kleine Explosion an Gleis 1 wird den Reisegästen ebenso Tränen der Rührung in die Augen treiben wie die Rauchbombe, die von Spezialisten gezündet wird, um der Szenerie den authentischen New-York-Effekt zu geben. Unklar ist nur noch, wie sie die Sache mit dem Flugzeug regeln, das in den Bahnhofsturm fliegen soll. Vorbereitet ist aber bereits die Ansprache, die Innenminister Strobl halten wird, wenn die Lage bereinigt ist: „Ich danke den Einsatzkräften für ihr umsichtiges und hervorragend koordiniertes Handeln. Dass wir gerade an diesem Bahnhof den bestgeplanten Einsatz aller Zeiten erleben durften, erfüllt mich mit besonderem Stolz.“

Mit derart geschliffener Rede dürfte Strobl fast heranreichen an das große Vorbild Günther Oettinger. „Ich bin Schirmherr, und ich bleibe Schirmherr“, verkündete der damalige Ministerpräsident anno 2007, als der Landespresseball in Stuttgart per organisatorischem Volltreffer auf den 9. November gefallen war. Im Gedenken an die Reichspogromnacht, die 69 Jahre zuvor stattgefunden hatte, ließ Oettinger die Musikanten aus dem Saal entfernen, weswegen der gesellschaftliche Höhepunkt des Jahres 2007 als einziger seiner Art ohne Tanz in die Geschichte einging. So verschafft man sich Aufmerksamkeit – und einen Ehrenplatz in der „hall of brain“.

Günther Oettinger und der Harmonikaverband

Wobei die Sache mit dem richtigen Ton noch nicht ganz ausgestanden ist. Erst dieser Tage hat der EU-Kommissar in einem Interview mit der „FAZ“ erklärt, dass er 2019 aus dem Amt scheiden werde. Jetzt sei er noch gesund und könne etwas Neues anfangen. Strebe er dagegen eine weitere fünfjährige Amtszeit an, könne er danach „höchstens noch Präsident des Harmonikaverbands Nordwürttemberg werden“.

Das werde nicht möglich sein, konterte umgehend der Präsident des Deutschen Harmonika-Verbands (DHV), Jochen Haußmann. Zwar freue er sich, „dass Sie sich noch gesund und fit fühlen“, schrieb der FDP-Landtagsabgeordnete aus Trossingen dem einstigen Koalitionspartner, aber „leider gibt es diese Aufgabe im DHV nicht. Der Landesverband Baden-Württemberg umfasst bereits seit Jahrzehnten das gesamte Land Baden-Württemberg.“

Dennoch wollte Haußmann „Seine Exzellenz Günther Oettinger“ in seinem förmlichen Brief nicht in Moll verabschieden, im Gegenteil. Er sei sicher, „dass wir für Sie eine geeignete Position in unserem Verband finden, damit es unserem Verband und unseren Vereinen in Zukunft noch besser gelingen möge, Kinder und Jugendliche zum gemeinsamen Musizieren zu gewinnen“. Mit seinem Vereinsmanagement-Seminar „Mitspielen in Zukunft“ biete der Landesmusikverband „eine hervorragende Einstiegsmöglichkeit in das Ehrenamt an“. Dazu lade er den Neu-Harmoniker aus Ditzingen gerne ein.

Jetzt müssen die beiden nur noch den richtigen Termin finden.