„Persönlichen Eigensinn“ nennt Winfried Kretschmann als Grund, warum er die Gutachter für Erwin Teufels Professoren-Titel geheimhält. Der Geehrte hätte sich derlei nicht erlaubt, kommentiert StZ-Autor Andreas Müller.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der Kabarettist Mathias Richling hat kürzlich in einem Interview viel Kluges über Winfried Kretschmann gesagt, darunter diesen Satz: „Herr Kretschmann hat so viel auch christdemokratisches Potenzial, dass die CDU froh sein kann, wenn er nicht selbst der CDU¬Herausforderer von sich ist.“

 

Richling hätte vermutlich seine helle Freude an der Feierstunde gehabt, in der Kretschmann seinen Vorvorgänger Erwin Teufel (CDU) jetzt zum Ehrenprofessor kürte. Selten wurde so deutlich, wie viel CDU in dem Grünen-Regierungschef steckt (jedenfalls von der CDU aus Teufels Zeiten, deren Repräsentanten weitgehend unter sich blieben)– und wie viel Teufel.

Als Laudator erwähnte der gebürtige Spaichinger derart viele Gemeinsamkeiten mit dem in Spaichingen Wohnenden, dass es fast klang, als halte er eine Lobrede auf sich selbst. Die Liebe zu Landschaft und Heimat, der Wert des Vertrauens in der Politik, die Wichtigkeit eines geistigen Fundaments für Politiker – der Ehrende sprach vom Geehrten und meinte wohl auch sich. Teufel griff in seiner Erwiderung manches wortgleich auf. Keine Frage: da versicherten sich zwei vielfach ähnliche Politiker ihrer Geistesverwandtschaft.

Anzeichen fürs Abheben?

Gemeinsam ist ihnen auch ein gewisser Eigensinn, unterschiedlich freilich ihr Umgang damit. „Persönlichen Eigensinn“ nannte Kretschmann ganz offen als Begründung dafür, dass er die Gutachter, die die Ehrungswürdigkeit Teufels bestätigt hatten, partout nicht nennen wollte – anders als im Fall der gleichen Auszeichnung für den Stuttgarter OB Schuster. Dabei ist der Titel für Teufel, wenn man derlei Ehrungen wie früher und teils heute noch Kretschmanns Grüne nicht grundsätzlich ablehnt, natürlich allemal verdient.

Auch Teufel hätte manche Entscheidung mit „persönlichem Eigensinn“ begründen können – etwa seine im Alleingang erdachte und durchgesetzte Behördenreform. Doch er war klug genug, das nicht zu auszusprechen. „Persönlicher Eigensinn“ als Maßstab für eine Amtshandlung – das klingt mehr nach Monarchie als nach Demokratie, da schimmern bei dem Grünen nach kaum vier Jahren an der Macht schon die ersten Anzeichen einer Abgehobenheit durch, die seinem CDU-Vorgänger erst deutlich später zu schaffen machte.

Man sieht: So viel CDU auch in Kretschmann stecken mag – ein vollkommener Teufel ist noch nicht aus ihm geworden.