Nicht nur Hunde- und Katzenbesitzer müssen für ihre Vierbeiner bald tiefer in die Tasche greifen. Die finanzielle Mehrbelastung trifft auch Landwirte. Der Grund: Ab November tritt eine neue Gebührenverordnung für Tierärzte in Kraft.

Momentan wird alles teurer, nicht nur die Preise für Strom, Gas, Benzin und Lebensmittel – nun auch noch der Besuch beim Tierarzt. Der Grund - ab dem 22. November greift eine neue Gebührenordnung, über die der Bundesrat jüngst abgestimmt hat. Die Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) soll für Transparenz sorgen und den Tierhalter vor Übervorteilung schützen. Sie wurde nun erstmals seit 20 Jahren umfangreich aktualisiert. Bei der Tierärztekammer Baden-Württemberg findet die neue Gebührenordnung Zustimmung. Doch warum gibt es überhaupt eine Gebührenordnung für Tierärzte?

 

Die Gebührenordnung regelt, wie viel Geld ein Tierarzt für eine bestimmte Leistung verlangen darf. „Der Sinn von Gebührenordnungen ist die Transparenz der Leistungen. Sie gibt dem Tierhalter gesetzlich garantierte Sicherheit bei der Rechnungsstellung für sein Tier“, erklärt Dr. Thomas Steidl, Präsident der Landestierärztekammer Baden-Württemberg.

Die derzeit geltende GOT stamme aus dem Jahre 1999 und wurde zwischenzeitlich einmal pauschal angepasst. „Sie war damit nicht mehr in der Lage, die Berechnungsgrundlage für die durchschnittlich arbeitende Tierarztpraxis darzustellen, damit diese nicht nur ihre Patienten qualitativ hochwertig behandeln, sondern auch die Mitarbeiter zeitgemäß bezahlen kann“, so Steidl.

Was bedeutet die neue Gebührenordnung für Tierbesitzer?

Für Tierbesitzer bedeutet die neue Gebührenordnung vor allem eines – dass sie für ihren Vierbeiner beim Tierarzt fortan tiefer in die Tasche greifen müssen. Die meisten Positionen im Gebührenkatalog werden deutlich erhöht. Insbesondere für alltägliche, sehr häufig durchgeführte Leistungen müssen Tierhalter nun mehr bezahlen. So müssen Katzenhalter für eine allgemeine Untersuchung mit Beratung statt bislang 8,98 Euro im einfachen Satz, den Tierärzte mindestens berechnen müssen, künftig 23,63 berappen. Für eine Injektion werden statt ehemals 5,77 Euro jetzt 11,50 Euro fällig. Hinzu kommen jeweils noch die Kosten für Arzneimittel und Materialien sowie die Umsatzsteuer von 19 Prozent. Je nachdem, wie hoch der Aufwand oder wie schwierig die Behandlung ist, kann auch ein höherer Satz angewendet werden.

„Die Gebührenanhebung ist auf den ersten Blick für den Tierhalter auffällig und erfordert in den nächsten Wochen erhöhten Erklärungsbedarf“, ist sich Steidl bewusst. Ein wichtiger Vorteil der neuen GOT für Tierhalter sei, dass damit die Qualität der tierärztlichen Versorgung in den Vordergrund gerückt und die Möglichkeit von Konkurrenz über Dumpingpreise gesetzlich eingeschränkt werde, erklärt er.

Doch wie können sich Tierhalter auf den Anstieg vorbereiten?

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg mit Sitz in Stuttgart rät Tierhaltern nur in bestimmten Fällen eine Tierkrankenversicherung abzuschließen. Vor allem „müsse das Geld für eine solche Versicherung vorhanden sein“. In den Ruin treiben könne einen eine Tierarztrechnung in der Regel nicht. Vor allem für Impfungen und andere Kleinigkeiten lohne sich eine solche Versicherung nicht. Zudem gebe es manchmal auch die Möglichkeit, dass bei einer Operation die Kosten von einem Tierschutzverein oder dem Tierarzt übernommen würden, sagt der Experte von der Verbraucherzentrale.

Der Deutsche Tierschutzbund befürchtet, dass die neuen Preise manchen Tierhalter dazu veranlassen, sein Haustier im Tierheim abzugeben. Doch die Lage in den Tierheimen ist sowieso schon angespannt. Die Tierheime haben mit der finanziellen Last durch die Inflation und den steigenden Energiekosten zu kämpfen, nun auch noch mit erhöhten Tierarztkosten.

Doch nicht nur Haustierhalter und Tierheime sind davon betroffen, sondern auch Landwirte, die im Haupt- oder Nebenerwerb Rinderhaltung betreiben. Bisher zahlten Viehhalter für die Untersuchung bei Rindern 12,80 Euro, nach Inkrafttreten der neuen Gebührenordnung werden es 20,54 Euro sein. Für Markus Bauer aus Filderstadt eine ordentliche Steigerung in einer generell angespannten finanziellen Situation. Auf seinem Hof hält er 60 Milchkühe sowie deren Nachzucht. „Es kommt schon ab und zu vor, dass eine Kuh oder ein Kalb erkranken“, berichtet Bauer. Gerade Stoffwechselprobleme oder Atemwegserkrankungen kämen immer wieder vor. Besonders bei einem Kalb müsse man da schnell reagieren und einen Tierarzt rufen. Die ganzen Teuerungen wie steigende Energiekosten, höhere Futterpreise und nun auch noch die Tierarztrechnung werde sich irgendwann auf den Verbraucherpreis auswirken, meint Bauer. „Das wir ein erkranktes Tier aufgrund der Teuerung nicht behandeln, wird auf jeden Fall nicht vorkommen“, sagt er.

Die GOT wurde vor 23 Jahren zuletzt umfassend verändert

Vorsorge
Um in Zukunft nicht von den gestiegenen Tierarztkosten überrascht zu werden, sollten sich Tierhaltende auf die Preiserhöhungen vorbereiten. Experten empfehlen für eventuelle Tierarztbesuche monatlich Geld zur Seite zu legen. In manchen Fällen kann sich auch eine Tierkrankenversicherung lohnen.

Studie
Grundlage für die Anpassung der Gebührenordnung ist eine wissenschaftliche Studie zu tierärztlichen Leistungen und deren angemessener Abrechnung, die das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung beauftragt hat.