Die Zahl der mit Erdgas betriebenen Fahrzeuge ist noch gering, aber sie steigt. Der Sprit ist deutlich günstiger, auch wenn nur wenige Tankstellen es anbieten. Und die Auswahl der Modelle für den Käufer steigt stetig.

Stuttgart - Über mangelnde Alternativen kann sich ein Autokäufer wahrlich nicht beklagen. Er kann wählen zwischen Kleinwagen, Kompaktmodell, Cabrio und Coupé. Oder vielleicht doch lieber ein Geländewagen? Die Modellvielfalt ist in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Und nun hat der Autofahrer auch noch die Qual der Wahl beim Antrieb.

 

Ausschließlich Super oder Diesel war gestern. Heute stehen dem Autokäufer zusätzlich reine Elektroautos und Hybridmobile zur Verfügung. Damit nicht genug, drängen nun auch noch Gasautos aus ihrer Nische. Um es noch etwas komplizierter zu machen, es gibt zwei Arten: Erdgasautos (CNG) und Autogasfahrzeuge (LPG). Auto-, oder Flüssiggas ist vor allem Campern ein Begriff; es ist ein Nebenprodukt der Raffinierung von Mineralöl, also ein genauso endliches Produkt wie Benzin und Diesel. Erdgas reicht, dank der jüngsten Vorkommen, deutlich länger. Übrigens, die erste Autogastankstelle wurde bereits 1935 in Hannover in Betrieb genommen.

Erdgas und Autogas sind deutlich günstiger

Es hat einen einfachen Grund, dass diese alternativen Kraftstoffe derzeit stärker ins Rampenlicht rücken: gasgetriebene Fahrzeuge sind umweltfreundlicher. Im Schnitt stoßen Erdgasfahrzeuge 24 Prozent weniger CO2 aus als vergleichbare Benzinmodelle, hat die Deutsche Energie-Agentur (Dena) ausgerechnet. Die Bilanz beim Autogas fällt etwas ungünstiger aus, aber die Einsparung liegt demnach immerhin noch bei rund 14 Prozent. Bosch-Chef Volkmar Denner: „Potenzial zur CO2-Reduzierung bei niedrigen Zusatzkosten bieten Erdgassysteme bereits heute.“

Ein Beispiel: der Audi A3 Sportback g-tron, der im Herbst auf den Markt kommt, stößt bei einer Leistung von 81 kW/110 PS im Erdgasbetrieb zwischen 88 und 92 Gramm CO2 pro Kilometer aus. Damit würde er bereits jetzt die von der EU-Kommission für 2020 geplanten Vorgaben unterschreiten. Brüssel will den CO2-Ausstoß von Neufahrzeugen bis dahin auf 95 Gramm pro Kilometer beschränken; die Bundesregierung und die gesamte deutsche Branche hat ihr Veto eingelegt. Zum Vergleich: ein A3 mit Benzinmotor und 105 PS emittiert nach Herstellerangaben 114 Gramm CO2.

Und wenn das Erdgas dann auch noch synthetisch mit Hilfe von überschüssigem Ökostrom hergestellt wird – wie der Premiumhersteller Audi dies in seiner Power-to-Gas-Anlage im niedersächsischen Werlte macht –, könne der CO2–Ausstoß gar um bis zu 97 Prozent reduziert werden, verspricht Gerhard Holtmeier, Vorstand des Stadtwerke-Netzwerkes Thüga. Die Audi-Anlage, in der aus Windenergie durch die Elektrolyse von Wasser zunächst Wasserstoff und in einem zweiten Schritt Methan erzeugt wird, kann 1500 A3 g-tron mit einer jährlichen Fahrleistung von 15 000 Kilometern versorgen.

Nicht nur aus Umwelt-, sondern auch aus Verbrauchersicht hat ein gasbetriebenes Auto einen geradezu unschlagbaren Vorteil: den Preis. Sowohl Erdgas als auch Autogas sind an den Tankstellen deutlich günstiger als Super und Diesel. Der Unterschied bei Erdgas macht rund 50 Prozent gegenüber Super und etwa 40 Prozent gegenüber Diesel aus. Bei Autogas ist die Ersparnis nicht ganz so groß. Grund für die Ersparnis ist die unterschiedliche Mineralölsteuer. Noch bis Ende 2018 unterliegt der Kraftstoff Gas einem deutlich niedrigeren Steuersatz. Ob diese Vergünstigung verlängert wird, darüber muss die neue Bundesregierung entscheiden. Die Branche jedenfalls hofft darauf.

Auch die Auswahl für den Käufer wird stetig größer

Bei den Zulassungen spiegeln sich diese Vorteile aber nicht wider. Zwar ist die Zahl neu zugelassener Erdgasautos in den ersten sieben Monaten um fast 50 Prozent in die Höhe geschnellt. Absolut gesehen sind die Zahlen bescheiden: 4250 Erdgasautos sind bis Ende Juli hinzugekommen – das sind gerade 0,3 Prozent aller neu zugelassenen Fahrzeuge. Insgesamt sind weniger als 100 000 Fahrzeuge auf deutschen Straßen unterwegs. Autogas ist wesentlich verbreiteter; Anfang 2012 fuhren damit deutschlandweit gut 450 000 Autos.

„Erdgasautos sind weiter auf dem Vormarsch“, verkündet Tim Kehler, Geschäftsführer der Erdgas Mobil GmbH, auf der IAA in Frankfurt. Hinter der Initiative Erdgas Mobil stehen Energieversorger. Erdgas gewinnt hinzu, weil das Angebot steigt. Früher galten Gasautos unter Autofahrern als Spaßbremse, weil sie nicht so kräftig motorisiert waren. Zudem war die Auswahl sehr überschaubar. Die Hersteller holen auf – Audi bringt den A3 (ein A4 ist für 2014 angekündigt), VW bringt das Volumenmodell Golf mit Erdgasantrieb sowie den Kleinwagen Up, Mercedes die B- und die E-Klasse. Auch Fiat und Opel haben ein recht umfangreiches Angebot rund um Erdgas. Nur BMW beobachtet den Markt noch. Auch für Autogas gibt es ein Palette von Neufahrzeugen – Citroën, Dacia, Ford, Opel, Mercedes und VW sind dabei. Zudem setzen Zulieferer auf den Markt – Bosch biete die weltweit kleinste Einspritzung für den Gasantrieb, erklärt Bosch-Chef Volkmar Denner. Im vergangenen Jahr seien eine Million Stück gefertigt worden; für 2013 werden 1,3 Millionen angestrebt. Hergestellt werden die Injektoren in Bamberg, erläutert Heiko Kaiser, Fachreferent bei Bosch im Bereich Kraftstoffsysteme.

Doch gemach, nicht für jeden Fahrer rentiert sich ein gasbetriebenes Fahrzeug. Da sind zum einen die höheren Anschaffungskosten; bei einem Mittelklassewagen macht das vielleicht 2500 bis 3000 Euro aus. Der ADAC hat nach Modellen durchgerechnet, ab welcher jährlichen Kilometerleistung sich ein Gasantrieb lohnt.

Ausbauungsbedürftig ist noch das Tankstellennetzwerk

Und dann ist da das Tankstellennetz, das – um es vorsichtig auszudrücken – noch Wünsche offen lässt. Deutschlandweit gibt es fast 14 400 Tankstellen für Super und Diesel, immerhin 6500 für Autogas, aber nur 920 für Erdgas. Und letztgenannte orientieren sich nicht unbedingt an den wichtigsten Autorouten, sondern – weil sie den Gasanschluss brauchen – am Erdgasnetz. Weiße Flecken auf der Landkarte bleiben da nicht aus, der Fahrer muss im Zweifel Umwege in Kauf nehmen. Und dann sind diese Tankstellen nicht unbedingt rund um die Uhr geöffnet. Wer seinen alternativen Antrieb optimal nutzen will, der muss rechnen, recherchieren – und häufiger tanken. Beispiel A3 G-tron: mit gefülltem Benzin- und Gastank kommt er zwar beachtliche 1300 Kilometer weit, aber nur 400 Kilometer davon im Gasbetrieb.

Wer viel mit dem Auto im Ausland unterwegs ist, tut sich sogar noch schwerer, zumindest wenn er sich für Erdgas entschieden hat. Zwar sind in den Niederlanden und in Italien gasbetriebene Autos weit verbreitet, aber sie fahren mit Autogas. Auch Frankreich, Polen und die Türkei stehen bei Autogas recht gut da. Dagegen setzen südamerikanische Staaten und asiatische Länder wie Indien auf den Erdgasantrieb. Nur, wer fährt da schon hin?

Die Branche verspricht Besserung. Bis 2020 sollen in ganz Europa Erdgastankstellen im Abstand von höchstens 150 Kilometern zur Verfügung stehen, so will es die EU. In Deutschland sei, so Gerhard Holtmeier, Vorstand des Stadtwerke-Netzwerkes Thüga, dieses Ziel bereits erreicht. Natürlich müssen erdgasbetriebene Fahrzeuge bis dahin nicht an Europas Grenzen stehen bleiben. Denn wenn der Gastank leer ist, schaltet das Fahrzeug automatisch auf Benzin um. Doch dann sind die Kosten- und Umweltvorteile dahin.