Nach dem Herrenberger Oberbürgermeister Thomas Sprißler erinnert auch Roland Bernhard höhere politische Instanzen an das Prinzip „Wer bestellt, bezahlt“.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Böblingen - Der Böblinger Landrat Roland Bernhard wirft der schwarz-grünen Landesregierung vor, Zusagen zur kommunalen Finanzierung zu brechen. So ist es in einem Brief zu lesen, mit dem Bernhard Landtagsabgeordnete aller Fraktionen in die Pflicht nehmen will. In der vergangenen Woche hatte bereits der Herrenberger Oberbürgermeister Thomas Sprißler über teure Vorgaben von höherer politischer Stelle geklagt und das Prinzip angemahnt: „Wer bestellt, bezahlt.“ Bernhard formuliert den Satz so: „Wer etwas will, muss es auch bezahlen!“

 

Sein offener Brief ist in einer für Amtsschreiben deutlichen Sprache gehalten. Unter anderem wirft der Landrat der Landesregierung vor, dass sie „Politik auf dem Rücken der Kommunen macht“. Konkret geht es Bernhard um Ausgaben, die Gesetze zum Sozialwesen und zur Flüchtlingsunterbringung erzwingen, namentlich das Bundesteilhabegesetz und das Asylbewerberleistungsgesetz. Ersteres regelt, wie Nachteile zu Lasten Behinderter beseitigt werden müssen. In Bezug auf die Asylbewerber geht es dem Landrat um die sogenannte Anschlussunterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen, nachdem ihre Asylanträge anerkannt sind.

Die Kosten für Flüchtlingsunterbringung und die Teilhabe Behinderter sind strittig

Laut dem Sozialministerium des Bundes werden mit dem Teilhabegesetz „die Kommunen und Länder entlastet“. Dies sieht Bernhard völlig anders. Für den aktuellen Kreishaushalt errechnet er ein Ausgabenplus von knapp 3,2 Millionen Euro. Für die Unterbringung von Flüchtlingen komme noch einmal etwa dieselbe Summe hinzu. Insgesamt seien rund sieben Millionen Euro an Mehraufwendungen offen, die nach Lesart des Landrats die Landesregierung übernehmen müsste. Eine solche Summe sei „nicht hinnehmbar“, schreibt Bernhard.

Zwar hatte die schwarz-grüne Koalition in im vergangenen Sommer zugesagt, die zusätzlichen Lasten zu übernehmen. Danach wurde das Thema allerdings auf einen unbestimmten Zeitpunkt vertagt. Laut dem Landrat sind die Verhandlungen bis heute zu keinem Ergebnis gekommen. In drei Wochen soll der Kreishaushalt verabschiedet werden. Eine Klärung bis dahin scheint ausgeschlossen.

Bernhard fordert zumindest eine Rückkehr an den Verhandlungstisch

Bernhard fordert die Landtagsabgeordneten auf, in ihren Fraktionen zumindest darauf zu dringen, dass die Gespräche überhaupt fortgeführt werden. Ohne Ergebnis „drohen den Kommunen massive Einnahmeausfälle“, schreibt er – und in der Folge den Bürgern höhere Steuern und Gebühren, mit denen das Minus ausgeglichen werden muss. Ein solcher Anstieg sei spätestens 2021 ohnehin zu erwarten, weil laut aktueller Prognosen von diesem Jahr an wegen der drohenden Wirtschaftsflaute die Steuereinnahmen sinken. „Wider besseren Wissens“, schreibt Bernhard, „trägt das Land zu dieser unguten Entwicklung bei“.