Teurer Urlaub Familien sind beim Reisen im Nachteil

Der Weg zum Strand ist deutlich teurer geworden. Foto: IMAGO/Arnulf Hettrich/IMAGO/Arnulf Hettrich

Die Weltpolitik verteuert den Urlaub, sagen dessen Verkäufer. Doch die echten Probleme liegen wo anders, kommentiert Christian Gottschalk.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Nachhaltiges Reisen ist den Menschen wichtig, sagen Umfragen. Man kann seine Zweifel daran haben. Wenn die Aussage für die Mehrheit der Deutschen gelten würde, dann könnten die Kreuzfahrtflotten von Aida, Costa und Co. zum Abwracken in die Docks fahren, dann müssten die naturnahen Campingplätze im Schwarzwald und an der Nordseeküste aus dem Boden sprießen. Doch davon sind wir weit entfernt. Und dass die CO2-Kompensation von Reisen ab fünf Tagen von zwei auf neun Prozent gestiegen ist, das ist nun auch nicht gerade ein Durchbruch. Zumal das Freikaufen vom schlechten Gewissen nur eine Ersatzlösung sein kann.

 

Der Rekord könnte in diesem Jahr fallen

Reisen ist den Menschen wichtig, sagen andere Umfragen. Daran sind keine Zweifel erlaubt. Nie sind die Deutschen so intensiv durch die Weltgeschichte gegondelt wie anno 2019. Für das letzte Vor-Corona-Jahr weist die Statistik 71 Millionen Trips aus, die länger als fünf Tage gedauert haben. Und in der Branche gehen viele davon aus, dass der Rekord in diesem Jahr geknackt wird. Und das, obwohl die Preise kräftig angezogen haben. Flüge haben sich zu fast allen Zielen im zweistelligen Prozentbereich verteuert, Pauschalreisen ans Mittelmeer um bis zu 30 Prozent. Das ist ein üppiger Aufschlag – wenn auch im Verhältnis deutlich weniger, als bei Milchprodukten, Rapsöl oder Nudeln.

Die Branche stimmt ihre Kunden auf noch höhere Preise und weitere Veränderungen ein, Tui-Chef Sebastian Ebel ruft das Ende des Last-Minute-Sommers aus. Das steht freilich in ziemlich klarem Widerspruch zur eigenen Webseite, auf der genau diese Art des Urlaubs mit massiven Preisnachlässen beworben wird. Die Prognose sei erlaubt: auch mit zunehmender Nähe der Sommerferien wird das Schnäppchenportal nicht geschlossen werden.

Veranstalter lieben Planungssicherheit

Natürlich ist es den Reiseveranstaltern lieber, wenn sie rechtzeitig Planungssicherheit haben. Deswegen haben sie das Ende der Angebote in der letzten Minute schon oft verkündet – lange gehalten hat es nie. Auch wenn die Reisekonzerne in diesem Jahr weniger Flüge vorab geordert haben und im Zweifel teuer nachkaufen müssen, so kann die Entwicklung mittelfristig auch den Weg der Butter gehen: im Angebot ist die schon wieder zu Vorkriegspreisen zu haben.

Ob Schnäppchenjäger besser super früh oder richtig spät buchen, das hängt von vielen Faktoren ab. Wem es egal ist, ob der Flieger nach Mexiko oder Malaysia abhebt, wer mit einem Start im August ebenso zurecht kommt wie mit einem Reisebeginn im September, der kann warten und zocken. Irgendetwas Gutes wird es schon geben. Wer auf Betriebsferien angewiesen ist, oder – noch schlimmer – auf die der Schule, der hat es bedeutend schwerer um kurzfristig günstig in die Welt zu kommen. Das ist eine strukturelle Ungerechtigkeit zum Nachteil von Familien, die seit Jahren mehr oder weniger erstaunlich klaglos hingenommen wird. Der Flug von Stuttgart nach Antalya, um nur ein Beispiel zu nennen, verdoppelt sich im Preis rechtzeitig mit Beginn der Pfingstferien.

Abhilfe auf dem Bauernhof

Es wird interessant, am Ende der Saison einen Blick auf die Bilanzen der Airlines und Reiseveranstalter zu werfen. Die verkaufen einem nun die Mehrkosten der Urlaubszeit mit allerhand weltpolitisch basierten Begründungen. Der Verdacht, dass sich da jemand selbst der Nächste ist, der muss aber erst noch entkräftet werden. Entgehen kann der Einzelne dem allen nur bedingt. Auf dem Bauernhof im Schwarzwald oder im Ferienhaus an der Nordsee zum Beispiel. Dort wird es in der Hochsaison zwar auch teurer, verglichen mit den Größen der Branche erhöhen die meisten privaten Eigentümer aber sehr moderat. Und was das umweltverträglichere Reisen angeht, kann man sich mit dieser Form des Urlaubs ohnehin sehen lassen.

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