Von 2015 bis 2019 sind die Angebotsmieten in Baden-Württemberg durchschnittlich um 22,7 Prozent gestiegen.

Berliner Büro: Norbert Wallet (nwa)

Stuttgart - Die Angebotsmieten haben sich in Baden-Württemberg von 2015 bis 2019 bei Erst- und Wiedervermietungen zusammen um durchschnittlich 22,7 Prozent erhöht. Betrug 2015 die Nettokaltmiete im Schnitt noch 8,31 Euro pro Quadratmeter, stieg sie bis 2019 auf 10,20 Euro an. Der höchste Anstieg in den kreisfreien Städten und Landkreisen war in der Stadt Heilbronn zu beobachten, wo die Angebotsmieten in den vier Jahren um 41 Prozent nach oben schnellten. An zweiter Stelle folgt der Landkreis Heilbronn mit einer Steigerung von 31,5 Prozent. Danach folgen die Landkreise Calw (28,9) und Göppingen (27,9).

 

Stuttgart hat die höchsten Angebotsmieten

Schaut man nicht auf die Steigerungen, sondern auf die absolute Höhe der Angebotsmieten, ist die Stadt Stuttgart deutlicher Spitzenreiter. Dort lag die durchschnittliche Angebotsmiete 2019 bei 14,08 Euro. Danach folgen Freiburg (12,89 Euro), Heidelberg (12,43 Euro), sowie die Landkreise Böblingen (11,29 Euro) und Tübingen (11,21 Euro). Die höchsten Kaufpreise pro Quadratmeter wurden in Baden-Württemberg im Jahr 2019 in Leonberg, Wangen im Allgäu, Konstanz, Überlingen, Freiburg, Heidelberg, Leinfelden-Echterdingen und Stuttgart aufgerufen.

Dem Bedarf steht kein Anstieg der Bautätigkeit gegenüber

Die Zahlen gehen aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der FDP-Abgeordneten Daniel Föst und Pascal Kober durch die Bundesregierung hervor. Dem Anstieg bei den Mieten, die einen hohen Bedarf signalisieren, steht keine signifikante Ausweitung der Bautätigkeit gegenüber. Die Zahl der fertiggestellten Wohngebäude mit einer Wohnung ging von 2015 (11 332) zu 2019 (9660) genau so zurück wie die fertiggestellten Wohngebäude mit zwei Wohnungen (3742 zu 3594). Einen leichten Zuwachs gab es bei den Wohngebäuden mit drei oder mehr Wohnungen. Hier stieg die Zahl von 17 564 auf 18077. Die Zahl der neu fertiggestellten Sozialwohnungen stieg von 2017 (753 Wohnungen) zu 2019 (2083 Wohnungen) vergleichsweise deutlich.

Die beiden Abgeordneten wollten mit ihren Fragen erkunden, wie die seit 2015 von der Bundesregierung eingeführte Regelung zur Mietpreisbremse im Land funktioniert. Die Bundesregelung stellt einen Rechtsrahmen dar, der den Ländern freistellt, Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt auszuweisen, in denen der mögliche Anstieg der Mieten begrenzt wird.

Interpretation der Zahlen ist strittig

Baden-Württemberg hatte zwar 2015 eine entsprechende Verordnung erlassen, die wurde aber im Frühjahr 2019 unter anderem wegen eines Formfehlers und Defiziten bei der Veröffentlichung vom Landgericht Stuttgart für unwirksam erklärt worden. Seit Sommer gilt nun eine neue Verordnung, die in 89 Städten und Gemeinden des Landes festlegt, dass die Mieten bei Neuvermietungen um nicht mehr als zehn Prozent steigen dürfen.

Die Interpretation der von Föst und Kober abgefragten Zahlen ist durchaus strittig. Für die FDP ist die Sache klar. „Die Mietpreisbremse war in Baden-Württemberg völlig wirkungslos“, sagt Daniel Föst, der wohnungsbaupolitische Sprecher der Bundestagsfraktion. „Trotz Regulierung steigen die Miete seit 2015 deutlich an.“ So sieht das auch Pascal Kober. Der sozialpolitische Sprecher der Fraktion, der den Wahlkreis Reutlingen vertritt, sagt: „Die Mietpreisbremse löst das Problem nicht, denn Mangel lässt sich nicht verwalten.“

Eine wirkungsvolle Neufassung des Mietwucher-Paragrafen

Der Mieterbund Baden-Württemberg argumentiert anders. Landesgeschäftsführer Udo Casper weist im Gespräch mit unserer Zeitung darauf hin, „dass der Mieter eine zu große Erhöhung selbst reklamieren muss“. Diesem Druck setzten sich aber nicht viele aus. Man sieht die Mietpreisbremse also als für im Prinzip richtig, aber als schlecht umgesetzt an. Zudem wünscht sich der Mieterbund „eine wirkungsvolle Neufassung des Mietwucherparagrafen im Wirtschaftsstrafrecht.

Bei „Haus und Grund Württemberg“ teile man Kobers Sicht, „dass nur Wohnungsneubau in großer Zahl die mangelhafte Wohnraumversorgung im Land beseitigt und damit dämpfend auf die Mietpreise wirkt“, sagt Geschäftsführer Ottmar Wernicke. Dagegen sei die Mietpreisbremse „ein politisches Placebo, das das Symptom der Miethöhe bekämpfen soll, aber nicht die Ursache des zu geringen Neubaus beseitigt“.

Grenzen der Interpretationsmöglichkeit

Allerdings weist Wernicke auch auf Grenzen der Interpretationsmöglichkeit der Zahlen aus der parlamentarischen Anfrage der FDP hin. So würden „hier Angebotsmieten aus den diversen Portalen mit Kommunen zusammen in einen Topf geworfen, die gar nicht zu den Gebieten mit Mietpreisbremse zählen“. Dazu zählten die Landkreise Heilbronn Land (31,5 Prozent Steigerung), Calw (29 Prozent), Göppingen (28 Prozent), Schwarzwald-Baar-Kreis (27 Prozent).