Die Roboterjournalisten sind längst unter uns – und sie könnten eine halbe Zeitung vollschreiben. Ein Stuttgarter Unternehmen ist in diesem Geschäft ganz vorne mit dabei.
Stuttgart - Vor Jahren stand Saim Alkan mit dem Rücken zur Wand. Sein Geschäftsmodell funktionierte nicht mehr. Die von ihm gegründete Stuttgarter Agentur Aexea lieferte Texte nach Auftrag – für Websites, Kataloge und Onlineshops. Das Problem: die Kunden zahlten immer weniger. Der Agenturgründer hatte die Wahl, die Firma entweder abzuwickeln oder sich etwas Neues zu überlegen.
Saim Alkan überlegte sich etwas Neues: Seine Agentur würde weiterhin Texte schreiben. Diese Arbeit sollte aber fortan ein Computer übernehmen, schneller und günstiger als alle anderen. Die alten und dazu viele neue Mitarbeiter – Programmierer, Sprachwissenschaftler, Computerlinguisten – entwickelten eine Software, die aus Daten Text generiert. Routineaufgaben wie den Wetterbericht, Sport-Ergebnismeldungen, Terminvorschauen, Bilanz- oder Börsenberichte kann der Computer schneller und fehlerfreier erledigen als Menschen, so Alkans Argument.
Viele testen es, keiner redet darüber
In vielen großen deutschen Verlagshäusern habe er bereits vorgesprochen, so der Stuttgarter Unternehmer. Alle würden seine Software gerade testen. „Nur darüber reden will keiner“, sagt der 45-jährige. Roboterjournalismus, wie Alkan die Erzeugnisse seiner Textmaschinen nennt, ist nichts, womit sich Zeitungstitel schmücken. Solange die Verlage seine Roboter trotzdem für sich arbeiten lassen, kann das Alkan herzlich egal sein. Die Stuttgarter Zeitung, das in eigener Sache, lässt keine Texte von Robotern schreiben.
Der Roboterjournalist made in Stuttgart kann immer dann zum Einsatz kommen, wenn Texte anhand von Daten erstellt werden sollen. Die Software zieht sich ihre Informationen aus Datenbanken und wandelt die Daten dann nach festgelegten Mustern in Text um. Die Programmierer können etwa bestimmen, wie der Text aufgebaut sein soll oder ob Bilder, Tweets und andere Zusatzinfos dazukommen.
Wenn etwa der VfB Stuttgart am Samstag gegen Freiburg gewinnt, könnte der Roboter den Spielverlauf anhand der Statistik wiedergeben – Torschüsse, Tore, Ballbesitz, Fouls und ähnliches. Er könnte Bilder vom Spiel oder die bei Nutzern sehr beliebten Twitter-Einschätzungen einbauen und hinzufügen, dass dies erst der siebte Saisonsieg der Stuttgarter war. Außerdem natürlich, wie die Konkurrenz im Abstiegskampf gespielt hat und wie die Chancen für die Partie auf Schalke am folgenden Wochenende stehen. „Wenn der Roboter weiß, dass ich Fan von Martin Harnik bin, könnte er in seinem Bericht sogar einen Schwerpunkt auf diesen Spieler legen“, sagt der Aexea-Chef.