Wann immer Hollywood in Thailands Süden dreht, hinterlässt es Spuren der Verwüstung.

THE BEACH (2000)
Wie sollst du schon reagieren, wenn ein Kiffer dir sagt, „Der Strand ist auf einer Insel. Die Insel ist vollkommen. Total geheim und absolut verboten, und niemand kann jemals dorthin gehen.“? Ist doch klar, dass du dann auch dorthin möchtest. Und deine Freunde. Und all jene, die zufällig in den Besitz dieser verdammten Landkarte gelangen. Und natürlich alle, die jemanden kennen, der die Karte hat.

Koh Phi Phi Leh, 2011. Es scheint niemanden mehr zu geben, der die Landkarte nicht hat. Noch heute reden alle vom Strand aus „The Beach“, und alle, alle lassen sich hineinfahren in diese felsumrundete Bucht, deren Innerstes sich vor dem offenen Meer verbirgt. Sie kommen auf Fähren, auf Yachten, auf traditionellen Longtail-Booten. Elf Jahre, nachdem Leonardo DiCaprio als Richard dort beinahe von Drogenbauern gemeuchelt und von Haien zerfleischt worden wäre. Koh Phi Phi Leh, einst unbekannt und unbewohnt, ist zum Epizentrum des Massentourismus in Thailands Süden geworden. Für Mäßigung sorgt einzig der eilig eingerichtete Nationalpark. Nun bezahlt jeder, der seinen Fuß auf „The Beach“ setzen möchte, fünf Euro Eintritt.

JAMES BOND – DER MANN MIT DEM GOLDENEN COLT (1974)
Vielleicht wäre „The Beach“ nie gedreht worden, hätte Roger Moore den Weg dorthin nicht freigeschossen. Eigentlich spielt „Der Mann mit dem goldenen Colt“ in südchinesischen Gewässern, doch dann hat Regisseur Guy Hamilton vermutlich eine Broschüre des Thailand Film Office in die Hände bekommen. Schon lag China ein paar Hundert Kilometer weiter südwestlich.
Kurz vor dem Ende, als James Bond in seinem Wasserflugzeug die Privatinsel des Bösewichts Francisco Scaramanga anfliegt, sind jene Bilder zu sehen, die sich in die Köpfe von Generationen eingebrannt haben: Felsen, die in den Lüften zu schweben scheinen, Kalkriffe, aus deren Flanken üppiges Grün sprießt, und, allen surrealen Monumenten voran, die berühmte Felsnadel. 30Meter hoch erhebt sie sich aus der Bucht, fragil, als könnte ein Sturm sie umblasen, stark genug, Scaramangas Sonnenkollektoren zu tragen, die sich auf Knopfdruck ausfahren lassen. Gegenüber, in einer Höhle, hat der Böse seine Zentrale. Davor, auf einem Streifen weißen Sands, serviert ihm sein kleinwüchsiger Diener Dom Pérignon, Jahrgang 1964. Die Flasche muss er nicht öffnen, Scaramanga schießt den Korken zielsicher mit seinem goldenen Colt weg.

Erstaunlich, dass die 40 Souvenirbuden, die sich heute über das Inselchen verteilen, weder Champagner noch goldene Plastikcolts anbieten. Aus allen Himmelsrichtungen knattern die Bond-Fans heran. Weshalb der Staat auch hier eine Holzbude eröffnet hat, auf der „National Park“ steht. Macht fünf Euro für ein paar Schnappschüsse samt Felsnadel.

MYSTERIOUS ISLAND (2005)
Sie lassen gerne explodieren, die Herrschaften aus Hollywood, so gerne, dass die Direktorin des Thailand Film Office, Thailands Filmbehörde, für einen Moment Mühe hat, ihr mildes Lächeln beizubehalten. „Wir sind besorgt um das Image Thailands“, sagt Wanasiri Morakul (54) in ihrem Büro in Bangkok, „aber wir zensieren nicht.“
Auch Captain Nemos Schaltzentrale, 1874 von Jules Verne ersonnen, wird im Filmfinale in die Luft gejagt. Und auch hier liegt der Schauplatz der literarischen Vorlage nicht in Thailand. Regisseur Russell Mulcahy fand es nur praktischer, in Krabi zu drehen, wo es zahlreiche Luxushotels für die Teams und noch mehr Inseln zum In-die-Luft-Jagen gibt. Vor die Explosionen hat Verne allerdings den Kampf gegen die Natur gesetzt: Sobald einer Captain Nemos Refugium verlässt, kommen sie aus ihren Verstecken, Moskitos, groß wie Menschen, Klapperschlangen, länger als ein ICE, haushohe Gottesanbeterinnen, drachenähnliche Skorpione.
Filmfreunde, die die geheimnisvolle Insel suchen, müssen nun aber ganz tapfer sein: Es gibt sie nicht. Alles, was dort so monsterhaft krabbelt und beißt, wurde in einem Waldstück bei Krabi gefilmt.

KILLERAMEISEN (2006)
Es gibt schönere Filmstarts als eine Frau und ein Baby, tot, ausgesaugt von Ameisen. Natürlich können nur Forscher aus den USA das Problem lösen. Regisseur Peter Manus musste vermutlich auch nicht lange nach einem Drehort suchen, ehe er 2006 beschloss: Krabi. Diesmal spielt die Geschichte sogar wirklich in Thailand, in einem Dorf namens Ban Tao. Ein Schwarm von 200 Millionen Ameisen fegt Landstriche leer, und als die Amerikaner mit einem Gift namens Thorax anrücken, wird es nur noch schlimmer.
Es kommt tatsächlich vor, dass sich Krabis Ameisen über ein Picknick hermachen. Sie sind flink, zahlreich, sie beißen, und ja, sie können Strände zurückerobern und Menschen vertreiben. Doch meistens hat der Mensch die Bestie im Griff. Im Bokkhorani National Park, auf halbem Weg zwischen Krabi und der Insel Phuket gelegen, fegt er sie rund um die Uhr vom betonierten Pfad, damit die Touristen barfuß flanieren könnten.

Peter Manus’ Killerameisen verschwinden am Ende, wie auch immer, ins All und lassen eine Gegend zurück, die bald zur Normalität zurückfindet. „Sogar der Tourismus blüht wieder“, wundert sich der Hauptdarsteller am Ende, „der Mensch vergisst ziemlich schnell.“ Danach wird, Hollywood macht eine Ausnahme, an Ort und Stelle geheiratet.

BRIDGET JONES – AM RANDE DES WAHNSINNS (2004)
Das möchte, ganz im Geheimen, auch Bridget Jones, nur dass der Schönere (Hugh Grant) nicht so zuverlässig ist wie der Zuverlässigere (Colin Firth). Weswegen Hauptdarstellerin Renée Zellweger unaufhörlich im Gefühlschaos steckt.
Wieder lockt das Paradies, wieder reißt Thailand seine Besucher aus dem Westen aus allen Illusionen. Das im Restaurant servierte Omelette enthält Psychopilze, der Bungalow im Luxushotel wird von einem Ladyboy heimgesucht, selbst die gefährlichen Kreaturen gibt es – in Form hölzerner Fruchtbarkeitsschlangen, deren Inneres mit Heroin gefüllt ist. Der Zuverlässigere kann Bridget Jones gerade noch aus dem Knast befreien.

Gedreht wurde im Fischerdorf Panyi, im Banyan Tree Resort und an einem Sandstrand, dicht am Flughafen von Phuket, auf einem der wenigen auf der Insel, der noch nicht von Liegestühlen besetzt ist. Natürlich steht auch dort eine Holzbude mit der Aufschrift „National Park“: macht fünf Euro.

THE IMPOSSIBLE (2011)
Bald ist übrigens wieder Thailand-Zeit im Kino. Noch 2011 startet „The Impossible“ von Juan Antonio Bayona. Der Film handelt, so heißt es, vom Tsunami an Weihnachten 2004. Aber, so heißt es auch, mit Science-Fiction- und Horrorelementen. Wanasiri Morakul in Bangkoks Thailand Film Office ahnt nichts Gutes. Sie sagt: „Ich hätte gerne mehr europäische Filmemacher hier. Sie promoten Thailand und seine Landschaften besser."