Gaby's Gruft liegt fernab der Stuttgarter Vergnügungsviertel. Doch der Montagabend beweist, dass der enge Keller die einzige wirkliche Rock'n'Roll-Bar der Stadt ist - inklusive Polizeieinsatz und Schlampazius-Ramón am Tresen.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Die Geschichte der Konzertlocation Gaby's Gruft haben wir bereits ausführlich hier geschildert, deshalb springen wir unmittelbar in die Jetztzeit: Daniela Schübel hat sich mit der namensgebenden Gastronomin Gaby zusammengetan und das Konzertprogramm ein wenig strukturiert. Wenn an einem Montagabend The Ghost Wolves kommen, die bei ihren vorherigen Stuttgarter Gastspielen noch in der Kiste und im Goldmark's Rockmusikfans begeistert haben und außerdem die örtlichen Newcomer Die Hälfte spielen, ist das der perfekte Anlass, um mal wieder in die Gruft unweit des Gaskessels zu steigen.

 

Zunächst trifft man auf diesem Weg zwei Polizisten nach getaner Arbeit. Die beiden kommen gerade aus der Gruft und haben - kein Witz - die Getränkekarte und die Eichstriche auf den Biergläsern kontrolliert. Das sei jetzt eben auch Polizeiaufgabe, sagen die Beamten, man schaue auch nach Fluchtwegen und betreibe so auch eine Art Prävention. 

Was die Polizisten nicht kontrollieren, sind Sauerstoffgehalt und Temperatur. Beide erreichen schon beim Konzert von Die Hälfte Extremwerte. Und so zeigt sich einmal mehr, wie sehr Popmusik von der Bühne abhängt, auf der sie aufgeführt wird. Was sich im Vorprogramm des Die-Nerven-Konzerts noch wie gepflegter Lo-Fi-Minimalismus angefühlt hat, wird auf der Gruft-Bühne zum Ausdruck schierer Kraft - zumindest so lange, bis sie irgendwann völlig fertig aufgeben. "Wir können nicht mehr!", ruft der Schlagzeuger Julian Philipp Knoth und eilt zur Bar. Ein Bier bitte!

Überraschung am Tresen

Weit ist der Weg nicht, und doch wartet am Tresen die nächste Überraschung: Das Getränk wird von Ramón gereicht, dem ehemaligen Wirt des mittlerweile in Totalrenovierung befindlichen Schlampazius. Das ist per se schon eine Sensation und wird durch den Umstand noch toller, dass die Hausherrin Gaby wiederum vor langer Zeit selbst im Schlampazius gekellnert hat. Außerdem: wo in Stuttgart kriegt man schon Pils von Thurn & Taxis? Wer's gern härter mag, wird die simple Preisansage an der Wand schätzen: "Schnaps 3 Euro, Getränke 3,50 Euro". Die Polizei hatte offensichtlich nichts dagegen einzuwenden.

So weit, so fantastisch. Verschwitzt ist man längst, als The Ghost Wolves die Bühne betreten. Das Musiker-Paar aus Austin kommt in der White-Stripes-Besetzung, aber mit vertauschten Rollen. Die Sängerin und Gitarristin Carley Wolf legt los wie der Teufel, ihr Partner und Schlagzeuger Jonny scheint den Beelzebub windelweich prügeln zu wollen. Im Dschungelklima der Gruft verfängt das sofort, das Publikum vergisst sich mit dem ersten Powerchord und eine asiatischstämmige Besucherin hält alles ungläubig mit dem Smartphone fest. Immer wieder schiebt sich Gaby mit Bierkisten durch die Menge, aus dem Eck grüßt ein "Piraten der Karibik"-mäßig verkleidetes Skelett und dass die Kameralinse beschlägt, kommt im Sommer auch nicht allzu häufig vor: Gaby's Groove. 


The Ghost Wolves spielen die Gruft derweil in einen fiebrigen Rausch. Schweiß tropft von Körpern und Wänden, das Schlagzeug fällt halb auseinander und die Ersten entledigen sich ihrer Oberteile. Die Anlage - immerhin gibt es hier mittlerweile eine - kommt da nicht mit, aber das ist bei dieser Art von Konzert wirklich nebensächlich. Eng ist es und man muss gegen Ende des Auftritts wirklich Angst haben, dass da bald einer ohnmächtig wird. Gaby's Gruft ist als Konzertlocation denkbar ungeeignet - und genau deshalb Stuttgarts einzige wirkliche Rock'n'Roll-Bar. 
 

Die nächsten Konzerte in Gaby's Gruft stehen am 14. Juli mit Joe Kowalski & The Sex Detectives und The Dirty Waters sowie am 26. Juli mit Melody La La an und es würde sehr verwundern, wenn das nicht mindestens genauso wild wird. Auf Facebook gibt's das komplette Programm. Mehr zum Pop in der Region Stuttgart versammeln wir auf kopfhoerer.fm.