Manteldesk: Mirko Weber (miw)

Enttäuschenderweise ist das Ergebnis der Gesamtdeutung erheblich grauer und gröber als die manchmal ziemlich feine Vorlage, die Feridun Zaimoglu anbietet. Als der Autor für die Münchner Kammerspiele zu deren Neueröffnung vor zehn Jahren William Shakespeares „Othello“ bearbeitete, wählte er – wortgewaltig wie nur einer! – einen einfachen Weg: Zaimoglu reduzierte das komplexe Material auf die simpelste Geschichte. Es ging dann nur noch um Sex.

 

In Oberammergau arbeitet er feinfühliger und tiefer gründelnd. Zwar beginnt „Moses“ effektiv mit einem Mord im Affekt, den der am ägyptischen Hof aufgewachsene Moses begeht, um eine Hebräerin zu schützen, meidet aber fortan eher Plakatives. Zaimoglu dreht und wendet die Geschichte von Moses hin und her, so dass sichtbar wird, wie sehr es den von Gott Berufenen immer wieder schüttelt im Glaubenskampf. Moses ist mitnichten der gute, weise Mann mit Bart, der stets die Richtung kennen würde oder dem immer ein Ausweg einfiele, sondern ein Migrant, der weder weiß, ob der Weg ins Gelobte Land ihn tatsächlich nach Hause bringt, noch, ob er sich der Unterstützung seines Volkes je wirklich sicher sein kann. Moses ist ein zaudernder Zauberer, wenn es gut geht, aber auch ein realitätsferner Reinheitsgebieter und Gotteskrieger: wer nicht pariert, stirbt.

Und man fühlt sich unterfordert

Das alles bringt für die Inszenierung natürlich ein paar Probleme mit sich, denn wenn Zaimoglu, beispielsweise während der Gespräche mit dem Pharao und Ersatzvater, leise und tief theologisch wird, muss Christian Stückl auf 23 Uhr zu zweitausend tendenziell leicht fröstelnde Zuschauer animieren. Das Alte Testament ist nun mal nicht das Neue – und Moses’ Geschichte mit allen immanenten Grausamkeiten kaum einem Menschen so bei der Hand und in Hirn und Herz wie Jesu Wirken. Wo immer es irgend geht, versucht Stückl dem Stück deshalb ein paar Kicks zu geben. Dann scheppert’s und blutet’s, raucht’s, knallt’s und brennt’s.

Auf einer Art Wieland-Wagner-Scheibe hat der Bühnenbildner Stefan Hageneier vor Wüstenansichten einen Feuerring gebastelt. Drin wird gestorben, gesiecht und gefeiert – und, ah, da ist ja auch schon das Goldene Kalb! Stückl lässt es merkwürdig klischeehaft, das heißt: in Einzelfällen busenfrei und gockelgeil umtanzen, und so passiert etwas, was in Stückl-Inszenierungen und trotz oft filmreifer Musik von Markus Zwink eigentlich höchst selten vorkommt: Man fühlt sich unwohl, unterfordert – und ein wenig abgespeist.

In Oberammergau arbeitet er feinfühliger und tiefer gründelnd. Zwar beginnt „Moses“ effektiv mit einem Mord im Affekt, den der am ägyptischen Hof aufgewachsene Moses begeht, um eine Hebräerin zu schützen, meidet aber fortan eher Plakatives. Zaimoglu dreht und wendet die Geschichte von Moses hin und her, so dass sichtbar wird, wie sehr es den von Gott Berufenen immer wieder schüttelt im Glaubenskampf. Moses ist mitnichten der gute, weise Mann mit Bart, der stets die Richtung kennen würde oder dem immer ein Ausweg einfiele, sondern ein Migrant, der weder weiß, ob der Weg ins Gelobte Land ihn tatsächlich nach Hause bringt, noch, ob er sich der Unterstützung seines Volkes je wirklich sicher sein kann. Moses ist ein zaudernder Zauberer, wenn es gut geht, aber auch ein realitätsferner Reinheitsgebieter und Gotteskrieger: wer nicht pariert, stirbt.

Und man fühlt sich unterfordert

Das alles bringt für die Inszenierung natürlich ein paar Probleme mit sich, denn wenn Zaimoglu, beispielsweise während der Gespräche mit dem Pharao und Ersatzvater, leise und tief theologisch wird, muss Christian Stückl auf 23 Uhr zu zweitausend tendenziell leicht fröstelnde Zuschauer animieren. Das Alte Testament ist nun mal nicht das Neue – und Moses’ Geschichte mit allen immanenten Grausamkeiten kaum einem Menschen so bei der Hand und in Hirn und Herz wie Jesu Wirken. Wo immer es irgend geht, versucht Stückl dem Stück deshalb ein paar Kicks zu geben. Dann scheppert’s und blutet’s, raucht’s, knallt’s und brennt’s.

Auf einer Art Wieland-Wagner-Scheibe hat der Bühnenbildner Stefan Hageneier vor Wüstenansichten einen Feuerring gebastelt. Drin wird gestorben, gesiecht und gefeiert – und, ah, da ist ja auch schon das Goldene Kalb! Stückl lässt es merkwürdig klischeehaft, das heißt: in Einzelfällen busenfrei und gockelgeil umtanzen, und so passiert etwas, was in Stückl-Inszenierungen und trotz oft filmreifer Musik von Markus Zwink eigentlich höchst selten vorkommt: Man fühlt sich unwohl, unterfordert – und ein wenig abgespeist.

Dass der ehemalige Judas der Passion von 2010, Carsten Lück, und der ehemalige Jesus, Frederik Mayet, jetzt die Hauptrollen als Moses und Aaron haben, macht den Unterschied dieser Zwischenproduktion zum Hauptereignis manchmal geradezu schmerzlich deutlich: beide Schauspieler boten damals – vor allem der an sich verzweifelnde Judas – Identifikationsmuster an, so dass ihnen reihenweise Mitgefühl, ja, Mitleid entgegenschlugen. Diesmal: eher kollektives Schulterzucken und matter Applaus.