Große Kunst kann Millionen wert sein, Fälschungen sind bloß Plunder. Aber wie hält man sie auseinander? Die Württembergische Landesbühne Esslingen bringt in „Das Original“ den Kampf um so ein Bild auf die Bühne. Und fragt nach der Unbestechlichkeit der Experten.

Esslingen - Im Original heißt das Stück von Stephen Sachs „Bakersfield Mist“, nach der kalifornischen Stadt, in der es auf einem Wohnwagenparkplatz spielt, und als Hinweis auf Jackson Pollocks Bild „Lavender Mist“. Der deutsche Titel ist zweideutig. Es geht um die Frage, ob ein Bild ein Original von Pollock ist. Maude Gutman, die dieses Bild in einem Gebrauchtwarenladen erstanden hat, ist auf alle Fälle ein Original – eine ungewöhnliche Person.

 

Sie ist eine gefeuerte Ex-Barfrau, die seit 33 Jahren in jenem Wohnwagen ansässig ist, den Michael S. Kraus in der Koproduktion der Württembergischen Landesbühne Esslingen mit dem Theater in Kempten vor angedeuteter kalifornischer Landschaft auf die Bühne gebaut hat. Das Bild, das der Experte Lionel Percy begutachten soll, würde, wäre es echt, fünfzig bis hundert Millionen Dollar einbringen. Aber Percys Urteil fällt negativ aus: definitiv eine Fälschung. Vergeblich versucht Maude, den spröden Besucher mit einer rosa Federboa zu verführen.

Wie in der Seifenoper

Anders als Yasmina Rezas Erfolgsstück „Kunst“ bedient sich „Das Original“ zwar komödiantischer Mittel, diskutiert jedoch die Problematik des Expertentums ernsthaft und mit der gebotenen Skepsis. Da das auf einer wahren Geschichte beruhende Stück aus einem einzigen langen, wenngleich routinierten Dialog besteht und Aktionen auf der Bühne nicht vorgesehen sind, hängt alles von den zwei Schauspielern ab.

Offenbar hat die Regisseurin Silvia Armbruster befunden, wenigstens die Frau in diesem Gespann müsse durch Gestik und Sprachmelodie kompensieren, was an dramatischer Handlung fehlt. Ursula Berlinghof in ockerfarbener halbdurchsichtiger Bluse mit großzügigem Ausschnitt und in magentafarbenen kurzen Leggings verkörpert Maude Gutman im Stil amerikanischer Seifenopern, überdreht und immer um eine Schraubenwindung zu heftig. Umso berührender wirkt es, wenn sie gegen Ende in sich geht und zu resignieren scheint.

Kein Verrat an den Klamauk

Ernst Konarek hingegen, der Botschafter des Wiener Schmähs im Radio, im Fernsehen, im Film und auf diversen Stuttgarter Bühnen, darf diesmal einen Amerikaner in rosafarbenem Hemd, weinroter Hose, grauem Jackett und mit Fliege mimen und nimmt sich als Lionel Percy von Anfang an zurück. Seine Selbstüberschätzung als Gutachter deutet er mit mimischen Details an, ohne sie an den Klamauk zu verraten. Zwischendurch wird erkennbar, dass er sich in der Rolle, die er gegenüber der sozial unterlegenen Maude spielen muss, nicht wohlfühlt. Aber sein Berufsverständnis lässt ihm keine Wahl.

Nach 80 Minuten bleibt das wohlfeile Happy End aus. Dafür tröstet Tom Waits mit jenen Worten, mit denen auch der wunderbare Film „Smoke“ endet: „You’re innocent when you dream“.

Aufführungen
am 1., 23. und 28. Februar 2018