Der Ergänzungsbau für die Kultureinrichtung auf dem Pragsattel wird nahezu dreimal so viel kosten wie man im Jahr 2015 dachte: knapp 110 Millionen Euro. Eine Alternative zum Weitermachen sehen die Stadträte trotzdem nicht.

Stuttgart - Der Ergänzungsbau für das Theaterhaus Stuttgart auf dem Pragsattel wird voraussichtlich knapp 110 Millionen Mark kosten und nicht, wie es im Jahr 2015 einmal angepeilt war, knapp 40 Millionen Euro – dennoch steht der Gemeinderat nach wie vor zu dem Projekt. Das wurde am Dienstag im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik deutlich, der dem Gemeinderat einstimmig die Fortführung auf Grundlage der neuen Zahlen empfahl. Die Kosten würden noch höher ausfallen, hätte das städtische Hochbauamt nicht gewisse Einsparungspotenziale identifiziert im Volumen von 7,6 Millionen Euro: Gestrichen werden die geplante Gastronomie im fünften Stock, einer von sechs Aufzügen und ein Großteil der geplanten Tiefgarage für Beschäftigte im Theaterhaus.

 

Begeistert von der Kostenentwicklung war natürlich niemand. Man komme gar nicht umhin, zähneknirschend die Mehrkosten mitzutragen, so etwa war der Tenor der Diskussion. Die SPD beispielsweise erklärte im gleichen Atemzug „volle Unterstützung“, weil das Theaterhaus und das Projekt im Kulturleben außerordentlich wichtig seien.

Stadt dringt auf Prüfung der Konzeption

Sowohl die Stadtverwaltung wie auch die Fraktionen dringen zugleich darauf, „die konzeptionelle Ausrichtung des Ergänzungsbaus im Abgleich mit der zukünftigen betrieblichen Entwicklung des Theaterhauses zu überprüfen“. Dabei gibt es unterschiedliche Zwischentöne. CDU, Freie Wähler und AFD forderten die Debatte über eine „neue Führungsstrategie“ tendenziell etwas forscher ein, das Linksbündnis forderte fast schon vorbeugend, jegliche Einmischung ins Künstlerische zu unterlassen. Das Zusammenbringen der beiden Themenbereiche Baukosten sowie Betriebsführung und Strategie sei fragwürdig, denn die Kostenentwicklung könne man der Theaterhausleitung nicht anzulasten.

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Das sah Kulturbürgermeister Fabian Mayer (CDU) ebenso. Er gab jedoch zu bedenken, dass der Ergänzungsbau mit Flächen für Gauthier Dance und für die Freie Tanz- und Theaterszene Auswirkungen aufs Programmatische im Theaterhaus habe. Man tue gut daran, die konzeptionelle Ausrichtung zu überprüfen. Mit der Installation eines Aufsichtsrates habe das Theaterhaus den Strategieprozess schon begonnen, er sei aber noch nicht beendet.

Die Kostenlawine hat viele Ursachen

Der städtische Hochbauamtsleiter Peter Holzer zeichnete die Gründe für die Kostenentwicklung nach. So habe zum Beispiel eine Hochspannungsleitung im Boden die Reduzierung des Baufeldes um elf Meter Breite erzwungen. In der Folge musste das schon knappe Raumprogramm erneut verdichtet werden. Die Notwendigkeit zum Lärmschutz für benachbarte Wohnungen und neue Baurichtlinien seit 2015 verschärften die Lage. Zudem sind hier noch Millionenkosten für Zufahrten in die eigentlichen Baukosten eingeflossen, überdies 11,4 Millionen Euro für energetische Verbesserungen und 3,6 Millionen für eine bessere Bühnentechnik als ursprünglich geplant. Durch höhere Baupreise kamen gegenüber dem Jahr 2015 fast 22 Millionen Euro hinzu, weitere Baupreissteigerungen werden erwartet.