Im Stuttgarter Theaterhaus gastieren Wolf und Pamela Biermann mit dem ZentralQuartett. Wer Nostalgie erwartet hatte, sah sich getäuscht. Aktueller kann Demokratiefeier nicht sein. Ein in ziemlich jeder Hinsicht großer Abend.

Stuttgart - Achtzig Jahre hat der Liedermacher und Poet Wolf Biermann in Kopf und Beinen. Aber er kann allemal noch scharf denken, stampfen, singen, das Leben feiern und, wo nötig, den Widerstand gegen die (politischen) Daseinsverderber stärken. Das alles passiert im Stuttgarter Theaterhaus musikalisch an der Seite der Sängerin und Ehefrau Pamela Biermann und mit massiv-subtiler Unterstützung durch das ZentralQuartett rund um den Schlagzeuger Günter Baby Sommer. Und es passiert in gewissermaßen zwei Akten, denn vor das eigentliche Konzert hat Biermann ein Gespräch (in der Tat dann eher einen Monolog) mit Schülern anberaumt, denen er, aus Erfahrung klug, „Demokratisch wählen!“ empfiehlt.

 

Auf der Bühne rückt das Didaktische ein wenig in den Hintergrund, wenn sich, angefangen von Brecht/Eislers „Am Grund der Moldau“, viel mehr breitmacht als ungefähre, nicht gefährdende linke Nostalgiemelancholie. Dafür ist Biermann zu schlau. Und zu sehr Dialektiker. Und zu sehr Musikant. In lauter neuen, frisch gewandeten, aber nie verkleideten Arrangements entpuppen sich die alten Wahrheiten („In China hinter der Mauer“, „Soldat, Soldat“, „Ermutigung“) als, einerseits, immer noch Leitlinien für ein Leben im (relativ) aufrechten Gang. Auf der anderen Seite sind „Es fiel ein Reif in der Frühlingsnacht“ oder „Wer sich nicht in Gefahr begibt“, also das Reiner-Kunze-Lied, Klassiker, die nie historisch werden können. Dafür haben sie zu viel Gehalt und sind zu sehr ewiges Liedgut. Großer Abend, große Musiker. Man müsste ihnen auf ihrer Tournee hinterher fahren können, um noch ein paar eckige Runden zu drehen. Ausführliche Kritik folgt.