Mit dem Erscheinen der Schauspielerin wollten sich Manager der Banken- und Immobilienbranche in Stuttgart schmücken. Gegenstand der Wette war das Baurecht für ein Hochhaus auf dem Pragsattel.

Stuttgart - Dem Streit um die Grundstücke, auf denen die 350 Wohnungen des Theaterviertels gebaut werden sollen, mangelt es nicht an obskuren Vorwürfen. Nun ist ein weiteres Detail aufgetaucht. Offenbar wurde um das Baurecht für ein Hochhaus auf dem Pragsattel gewettet. Als Einsatz wurde ein „Herrenabend“ mit der Schauspielerin Veronica Ferres ausgelobt.

 

Tatsächlich hat der Plan, das höchste Haus Süddeutschlands auf dem Stuttgarter Pragsattel zu bauen, die Stadt vor Jahren schwer beschäftigt. Im April 2001 ging der damalige OB Wolfgang Schuster (CDU) mit den Plänen für den rund 200 Meter hohen Trump-Tower an die Öffentlichkeit. Stolz sprach er von einem Pendant zum Fernsehturm. Doch schon Monate zuvor war der Bau eines Hochhauses auf dem Pragsattel in Immobilien- und Bankenkreisen ein heißes Thema – und die Geschichte, die sich darum rankt, geizt nicht mit ihren Reizen.

Manager aus der Banken- und Immobilienbranche

Ein Teil der Flächen auf denen der Trump-Tower gebaut werden sollte und auf denen nun das Theaterviertel entstehen soll, gehörte einst der Familie Sabet, die eines der größten Teppichhäuser der Welt betrieb. Als deren Unternehmen pleite ging, zog die Insolvenz mehrere Gerichtsverfahren nach sich. Wie aus einem der Schriftsätze eines Anwalts der Sabets nun hervorgeht, gab es im Dezember 2000 ein Treffen von Managern aus der Banken- und Immobilienbranche. „Besonders bizarr, delikat, ja sogar verwerflich mutet in diesem Zusammenhang die Wette des Leiters der Deutschen Bank AG Stuttgart, Herr Wilhelm Freiherr von Haller, an“, heißt es in dem Schreiben. Die Mehrheit der anwesenden Geschäftsleute hielt das Hochhausprojekt angeblich für realistisch. Nicht so von Haller und ein weiterer Manager. Aus deren Skepsis heraus entstand die Idee einer Wette, die alle Beteiligten per Unterschrift auf der Menükarte des Abends fixierten (siehe Ausschnitt). Dieser Umstand belege mehr als deutlich, dass die Deutsche Bank weder am Gelingen des Hochhausprojekts noch an der Sanierung der Firma Sabet interessiert gewesen sei, heißt es im Schreiben der Anwälte.

In der Tat hatte der handschriftliche Text auf der Menükarte einen bemerkenswerten Inhalt: Sollte auf dem Pragsattel bis Ende des Jahres 2001 tatsächlich Baurecht für ein mehr als 150 Meter hohes Gebäude geschaffen werden, würde Herr von Haller zusammen mit einem weiteren Anwesenden einen „Herrenabend“ in einem Stuttgarter Lokal namens „Kiste“ ausrichten. Als besonderen Reiz des Männerabends sollte die Schauspielerin Veronica Ferres eingeladen werden.

Veronica Ferres wusste nichts von der Wette

Aus Kreisen der damals anwesenden Banken- und Immobilienmanager heißt es heute, man habe darüber diskutiert, ob ein derartiges Projekt in Stuttgart von den Menschen angenommen werde oder nicht. Es sei um das Empfinden der Bürger der Stadt gegangen. Und das Engagement von Frau Ferres habe in erster Linie den Verlierer belasten sollen – in finanzieller Hinsicht.

Auf Anfrage erklärt das Büro der Schauspielerin: „Ihr ist nicht bekannt, dass sie im Jahr 2000 Gegenstand einer Wette gewesen sein soll.“ Und: „Sie kennt Herrn Freiherr Haller von Hallerstein nicht.“ Die Wette wurde offenbar bis heute nicht eingelöst.

Dafür hält der juristische Streit an. Wie die StZ mehrfach berichtete, behauptet der Teppichhändler Sabet, seine Grundstücke auf dem Pragsattel seien absichtlich unter Wert verkauft worden. Die Flächen wurden am 16. August 2013 für 6,7 Millionen Euro im Rahmen des Insolvenzverfahrens veräußert. Sabet führt jedoch Gutachten und Studien an, die angeblich belegen, dass die Flächen einen wesentlich höheren Wert haben sollen.

Vorwürfe des ehemaligen Grundstückseigentümers

Hafez Sabet, der Sohn des Firmengründers, behauptet: „Die Deutsche Bank hat die Firmen der Familie in die Insolvenz getrieben, um sich die Vermögenswerte des Mittelständlers unter den Nagel zu reißen.“ Sein Vorwurf: die Bank sei an der Firmenstruktur der neuen Eigentümer beteiligt und wolle so vom erwarteten Projektgewinn des Theaterviertels profitieren. Nun fordert Sabet die Grundstücke zurück.

Die Deutsche Bank teilt auf wiederholte Anfrage mit, man könne sich nicht zu Kundenbeziehungen äußern. Thomas Schulz, der Sprecher des Insolvenzverwalters Steffen Beck, der im Sinne der Deutschen Bank gehandelt haben soll, erklärt: „Es ist die gesetzliche Pflicht des Insolvenzverwalters, das bestmögliche Ergebnis für die Gläubiger zu erzielen.“ Die Grundstücke sollten drei Mal per Zwangsversteigerung veräußert werden. „Der Abschluss vom 16. August 2013 war somit das beste erzielbare Angebot“, erklärt der Sprecher. Und: „Herr Beck ist all seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen.“

Im Zuge des Insolvenzverfahrens hat es zahlreiche Gerichtsverfahren gegeben. Im Rahmen derer seien viele von Sabets Behauptungen aus den vergangenen Jahren mittlerweile gerichtlich zurückgewiesen worden, sagt Schulz. Zum Beispiel seien die Gutachten zum Wert der Grundstücke, die Sabet anführt, „auf einer nicht nachvollziehbaren Grundlage“ erstellt worden.